Weiterhin vorsichtig gegenüber europäischen Risikoanlagen nach Wahl in Deutschland

    Bill Papadakis - Senior Macro Strategist
    Bill Papadakis
    Senior Macro Strategist
    Dr. Luca Bindelli - Head of Investment Strategy
    Dr. Luca Bindelli
    Head of Investment Strategy

    Kernpunkte.

    • Wie erwartet haben die Mitte-rechts-Parteien CDU/CSU bei der gestrigen Wahl den Spitzenplatz belegt und verfügen mit der SPD über eine parlamentarische Mehrheit.
    • Da sich die Mitteparteien für eine Reform der Schuldenbremse aussprechen, erwarten wir in Deutschland eine etwas expansivere Fiskalpolitik. Der Wandel wird nicht sofort eintreten, und die Impulse dürften bescheiden sein.
    • Die ersten Marktreaktionen waren positiv. Der Euro und europäische Aktien-Futures legten etwas zu, da wohl einige der extremeren Wahlszenarien ausgepreist wurden.
    • Deutschlands Wirtschaftswachstum ist schwach, grössere fiskalische Anreize dürften ausbleiben, und das Zinsgefälle zwischen Euro und Dollar weitet sich aus. Daher bleiben wir bei unserer vorsichtigen Haltung gegenüber europäischen Aktien und bevorzugen weiterhin europäische Staatsanleihen.

    Das Wahlergebnis in Deutschland bietet ein gewisses Mass an politischer Vorhersehbarkeit, wobei die Gespräche zur Bildung einer Koalitionsregierung Zeit brauchen dürften. Es gibt allerdings wenig Hoffnung auf eine wesentliche Änderung der Fiskalpolitik in Zeiten geopolitischer Herausforderungen, und die grössten Probleme für die deutsche Wirtschaft bleiben bestehen. Wir halten an unserem vorsichtigen Ausblick für europäische Risikoanlagen sowie unserer Präferenz für festverzinsliche Wertpapiere in der Region fest.

    Die konservativen Parteien Christlich-Demokratische Union und Christlich-Soziale Union (CDU/CSU) haben 28,5% der Stimmen in Deutschland erhalten. Die Rechtsaussenpartei Alternative für Deutschland (AfD) legte stark zu und kam auf 20,8%, während die Sozialdemokratische Partei (SPD) mit 16,4% den dritten Platz belegte. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz dürfte der nächste Bundeskanzler werden, doch da CDU und CSU über keine absolute Mehrheit verfügen, wird eine Koalition notwendig sein.

    Eine wichtige Frage vor der Wahl lautete, ob eine „Grosse Koalition“ aus den Unionsparteien CDU/CSU und SPD möglich sein würde. Oder ob eine dritte Partei benötigt würde, um die Hürde von 315 Sitzen zu nehmen. Doch zwei kleinere Parteien, die liberale Freie Demokratische Partei (FDP) und das linke Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), scheiterten an der für den Einzug ins Parlament erforderlichen 5%-Hürde. Damit erreichen die Union und die SPD zusammen 328 Sitze und eine knappe, aber funktionsfähige Mehrheit.

    Diese Ergebnisse … dürften mehr Regierungsstabilität und politische Vorhersehbarkeit bedeuten

    Politischer Zeitplan

    Das wahrscheinliche Basisszenario ist somit eine Koalition aus CDU/CSU und SPD für die nächste Regierung. Die Drei-Parteien-Koalitionsregierung, die bis November 2024 an der Macht war, hat sich als nicht funktionsfähig erwiesen. Daher sehen wir diese Ergebnisse als positiv an, denn sie dürften mehr Regierungsstabilität und politische Vorhersehbarkeit bedeuten.

    Die Absicht von Friedrich Merz, bis Ostern (18.–20. April) eine Regierung zu bilden, klingt ehrgeizig. Verhandlungen dauerten in der Vergangenheit im Durchschnitt etwa zwei Monate, 2018 sogar sechs Monate. Aber da zwei Parteien nun über genügend Parlamentssitze für eine absolute Mehrheit verfügen und klar ist, dass viel auf dem Spiel steht, sollte die Koalitionsbildung zügiger verlaufen.

    Wirtschaftliche Auswirkungen

    Es handelte sich um die Wahl mit der höchsten Wahlbeteiligung seit der deutschen Wiedervereinigung. Die Drei-Parteien-Koalitionsregierung, die zuvor seit 2021 an der Macht war, sorgte für erhebliche Unzufriedenheit. Der Aufstieg der euroskeptischen Rechtsaussenpartei AfD auf den zweiten Platz im Parlament gibt sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern Europas Anlass zur Sorge. Der geopolitische Kontext ist besonders komplex. Dies gilt vor allem für die exportabhängige deutsche Wirtschaft, die in den letzten zwei Jahren geschrumpft ist und durch die Zollpläne von Präsident Trump zusätzlichen Risiken ausgesetzt ist.

    Für die Wirtschaft bestehen erhebliche Abwärtsrisiken. Der chronische Investitionsmangel hat seinen Tribut gefordert und zu einem deutlichen Infrastrukturbedarf in Bereichen wie Verteidigung, Digitalisierung und öffentlichem Verkehr geführt. Die deutsche Wirtschaft schneidet seit der globalen Pandemie schlechter ab als die Konkurrenz. Der Bedarf an zusätzlichen Mitteln, insbesondere für Verteidigungsausgaben, wird zunehmend anerkannt. Daher hat sich die politische Debatte jüngst auf eine Reform der in der Verfassung verankerten Schuldenbremse gerichtet; die Schuldenbremse schränkt die deutsche Fiskalpolitik stark ein.

    Die drei Parteien, die eine Reform der Schuldenbremse befürworten, haben nicht die erforderliche Mehrheit erreicht

    Eine solche Entwicklung hätte zu einer bedeutenden Änderung der Wirtschaftspolitik in Deutschland führen können. Die drei Parteien, die eine Reform der Schuldenbremse befürworten (CDU/CSU, SPD, Grüne), haben jedoch nicht die für eine Verfassungsänderung erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht.

    Der fiskalische Ausblick ist schwierig. Eine Unterstützung durch linke Parteien, die höhere Verteidigungsausgaben ablehnen, oder durch die AfD, die keine Reform der Schuldenbremse will, ist unwahrscheinlich. Zwar besteht ein gewisses Potenzial für eine künftige Lockerung der Fiskalpolitik. Doch da eine starke Mehrheit für eine Reform der Schuldenbremse fehlt, ist nur eine begrenzte Anpassung möglich, und die Verhandlungen könnten länger dauern. Ein resultierender kurzfristiger Wachstumsschub würde demnach bescheiden ausfallen.

    Auswirkungen auf Anlagen

    Unmittelbar nach der Bundestagswahl legte der Euro zu. Die Devisenmärkte dürften eine Zweierkoalition erwartet haben, einschliesslich einer Reform der Schuldenbremse. Daher würden wir nicht davon ausgehen, dass der Euro widerstandsfähig bleibt, wenn es Anzeichen dafür gibt, dass eine Reform gefährdet ist. Die Gemeinschaftswährung ist mit erheblichem makroökonomischem Gegenwind konfrontiert, da die Europäische Zentralbank (EZB) angesichts des lauen Wirtschaftswachstums in den europäischen Kernländern die Zinsen fortlaufend senkt. Wir rechnen weiterhin damit, dass der Euro in den nächsten zwölf Monaten gegenüber dem US-Dollar und dem Schweizer Franken nachgibt. Daher bekräftigen wir unsere EURUSD-Ziele von 1,02 für drei Monate und 0,98 für zwölf Monate. Unsere Prognose für EURCHF bleibt bei 0,93 in drei Monaten und 0,86 in einem Jahr. Insgesamt erwarten wir, dass die Auswirkungen der Politik der US-Notenbank und der Trump-Regierung sowie die Wachstumsdynamik Chinas für die europäische Währung von grösserer Bedeutung sein werden.

    Es ist höchste Zeit, höhere Renditen zu sichern, solange dies möglich ist

    Die Renditen zehnjähriger deutscher Bundesanleihen sind nach der Wahl weitgehend unverändert geblieben. Da die Zinsen im Euroraum aufgrund der lockeren Geldpolitik der EZB weiter sinken, erwarten wir rückläufige Renditen europäischer Staatsanleihen. Wir sind der Meinung, dass es höchste Zeit ist, höhere Renditen zu sichern, solange dies möglich ist.

    Die europäischen Aktien sind gut ins Jahr gestartet. Der STOXX Europe 600 Index hat seit Jahresbeginn 8,24% zugelegt. Europäischen Aktien, die bei Anlegern wenig Beachtung fanden, kam die Erwartung zugute, dass sie von einem Ende des Ukrainekriegs profitieren würden. Der Zinssenkungszyklus der EZB hat die Bewertungen gestützt. Unmittelbar nach der Wahl haben europäische Aktien nachgegeben, mit Ausnahme des deutschen DAX und des spanischen IBEX.

    Für die kommenden Wochen erwarten wir eine gewisse Konsolidierung. Der französische Aktienmarkt könnte kurzfristig eine Outperformance verzeichnen, da deutsche Aktien überkauft scheinen. Neben der geldpolitischen Lockerung der EZB, welche die Bewertungen stützt, würde ein möglicher Rückgang der weltweiten Energiepreise die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industriesektoren verbessern.

    Aus geopolitischer Sicht bedeutet die Bemerkung von Friedrich Merz, Deutschland und Europa müssten von den USA unabhängig werden, einen wirtschaftlichen Kollisionskurs mit den USA. Die Trump-Regierung könnte Zölle auf deutsche Waren erheben, wahrscheinlich auf den Autosektor. Des Weiteren könnte sich der Bankensektor, der dieses Jahr die Performance der europäischen Aktienmärkte mehrheitlich geprägt hat, als Reaktion auf den Lockerungszyklus der EZB abschwächen. Aus diesen Gründen beurteilen wir den Ausblick für europäische Aktien weiterhin vorsichtig. Wir werden die Entwicklung der Verhandlungen über den Ukrainekrieg und die Diskussionen über die Zukunft der deutschen Schuldenbremse eng verfolgen.

    CIO Office Viewpoint

    Weiterhin vorsichtig gegenüber europäischen Risikoanlagen nach Wahl in Deutschland

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