Kapitel 1.
Seit dem Mittelalter profitiert Genf von seiner günstigen geografischen Lage als klassischer Handelsplatz. Dies war der Grund, weshalb im 15. Jahrhundert das berühmte Bankhaus der Medici, nach Florenz und Avignon, in Genf eine Niederlassung eröffnete. Umgeben von Savoyen, Frankreich, Österreich und der Schweiz, nutzt die Stadt am Genfer See geschickt ihre Möglichkeiten aus und gewinnt an internationalem Renommee, dank ihrer Handelsmessen, die in gleicher Weise geschätzt waren wie die von Brügge.
Als sich Genf im Jahr 1536 der Lehre von Jean Calvin öffnete, siedelte sich dort eine große Anzahl von Protestanten an, die vor religiöser Verfolgung flohen. Italiener (wie die Familie Lombard), Niederländer und Engländer, es waren Kaufleute und qualifizierte Handwerker, die sich rasch in das Leben in Genf integrieren. Nach der Widerrufung des Edikt von Nantes im Jahre 1685, kam es zu einem ein großer Zustrom von Flüchtlingen nach Genf. Man spricht von über viertausend französischen Hugenotten (darunter die Familie Odier aus Valence).
Im Verlaufe des 18. Jahrhundert wächst aus diesen hugenottischen Familien die erste Generation von Genfer Bankkaufleuten heran. Es war die Zeit, in der der Eroberungsdrang und die Ruhmsucht von Ludwig XIV den französischen Staat in den Ruin treibt. Aus diesem Grunde, Ironie der Geschichte, sieht sich Ludwig XIV genötigt, sich an eben jene Hugenotten zu wenden, die er einst gnadenlos verfolgt hatte, um mit deren Hilfe die leeren Staatskassen zu füllen und die in Italien und Süddeutschland stehenden Armeen besolden zu können. Dieses Einvernehmen ermöglicht den spektakulären Aufstieg von Bankkaufleuten, wie die Mallet, die Lullins und die Gallatins – Erbauer von prachtvollen Palais, die die Stadt Genf noch heute prägen. 100 Jahre später wird die Französische Revolution von 1789 dieser blühenden Epoche ein gewaltsames Ende setzen. Das gesamte Vermögen, das die mächtigen Bankiers als Darlehen der Monarchie und der französischen Aristokratie gewährt haben, ist verloren. Sie sind ruiniert. Der Wahn der Französischen Revolution geht aber weiter. Tödlich trifft er den traditionellen Exporthandel mit Seide, Luxusgütern und Baumwollprodukten. Die Handelspartner sind tot, im Gefängnis oder im Exil.
In diesen schwierigen Zeiten, als die erste Generation der Genfer Bankiers scheitert und der traditionelle Handel eine beispiellose Krise durchlebt, gründet Henri Hentsch im Jahre 1796 das Bankhaus Hentsch & Cie, Zwei Jahre später schließt sich Jean-Gédéon Lombard der Bank an, die fortan als Henri Hentsch & Lombard firmiert. War das Ergebnis einer Entscheidung, um mit Bedacht die Fehler der Vorgänger zu vermeiden oder ist sie aus der Notwendigkeit der gegebenen Situation gegründet worden?
Mit Bedacht getroffene Entscheidung oder Notwendigkeit? Wir werden es niemals erfahren. Was wir aber sicher wissen ist, dass unsere Gründer einen angeborenen Geschäftssinn für den Umgang mit Geld haben und einen tiefen Glauben, der in der neuen protestantischen Kultur wurzelt. Sie sind sich einig in der Wertung von Fleiß, geistiger Offenheit und Bescheidenheit. Mit dieser eigenständigen Bank, die sich ausschließlich aus der Kommission der Kundschaft finanziert, begründet Sie die erste Neuerung unserer langen Geschichte.
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