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    Nach den Wahlen in Paris und London: Die Auswirkungen auf Anlagen

    Nach den Wahlen in Paris und London: Die Auswirkungen auf Anlagen
    Dr. Luca Bindelli - Head of Investment Strategy

    Dr. Luca Bindelli

    Head of Investment Strategy
    Bill Papadakis - Macro Strategist

    Bill Papadakis

    Macro Strategist

    Kernpunkte

    • Das Vereinigte Königreich hat mit klarer Mehrheit eine Labour-Regierung gewählt, die auf Wachstum und allmähliche Veränderung anstelle von schnellen fiskalpolitischen Massnahmen setzt.
    • Der zweite Wahlgang in Frankreich hat zu einer politischen Pattsituation geführt, da die linke Allianz zwar die meisten Sitze, aber keine Mehrheit gewonnen hat.
    • Ohne klare Regierungsmehrheit ist es wenig wahrscheinlich, dass Frankreich das Haushaltsdefizit bald entschlossen angeht.
    • Wir bevorzugen weiterhin deutsche Bundesanleihen und europäische Unternehmensanleihen (abgesichert gegenüber der Referenzwährung des Portfolios). Bei den Aktien ziehen wir britische Titel den europäischen Werten vor.

    Die Parlamentswahlen beidseits des Ärmelkanals haben der Labour-Partei im Vereinigten Königreich eine deutliche Mehrheit und Frankreich ein gespaltenes Parlament beschert. Im französischen Parlament gewann eine Linksallianz überraschend die meisten Sitze. In London verzeichneten die Finanzmärkte eine leichte Aufwärtsbewegung, in Paris löste die Erleichterung eine kleine Rally aus. Wir bevorzugen deutsche Bundesanleihen gegenüber US-Treasuries, europäische Unternehmensanleihen gegenüber US-Unternehmenspapieren (in USD abgesichert) und britische gegenüber europäischen Aktien (EWWU1).

    Im Vereinigten Königreich dürfte die Politik dank der grossen Mehrheit der neuen Regierung im Parlament vorhersehbarer werden. Die Labour-Partei hat darauf geachtet, sich als fiskalpolitisch umsichtig zu präsentieren. Die neue Schatzkanzlerin und frühere Volkswirtschaftlerin der Bank of England (BoE) Rachel Reeves kündigte an, dass die Regierung sich stärker auf Wachstum als auf Steueränderungen konzentrieren will. Das Wahlprogramm von Labour lässt eher graduelle als radikale Änderungen in der Haushaltspolitik erwarten. Geplant sind unter anderem Verbesserungen bei den öffentlichen Diensten und die Ankurbelung des Wohnungsbaus durch eine Reform des Planungssystems. Drastische Steuererhöhungen schloss Labour hingegen aus. Die neue Regierung dürfte sich auch bemühen, die Beziehungen zur Europäischen Union zu verbessern.

    Demgegenüber führte der Wahlgang vom 7. Juli in Frankreich zwar wie vorhergesagt zu einer Pattsituation im Parlament, aber nicht zum vom Markt erwarteten Sieg des stark rechtsgerichteten Rassemblement national (RN). Stattdessen fiel das RN auf den dritten Platz zurück und musste sich gegenüber einer breiten linken Allianz und einer Gruppierung der Mitte geschlagen geben. Diese hatten sich abgestimmt, um eine Übernahme der Macht durch die extreme Rechte zu verhindern. Das führte dazu, dass das linke Bündnis Nouveau Front populaire (NFP) zwar die meisten Sitze errungen hat, aber weit von einer absoluten Mehrheit entfernt ist. Diese Pattsituation zwischen den drei Hauptgruppierungen könnte zu einer Lähmung der innenpolitischen Gesetzgebung in Frankreich führen. Dem Land steht eine Zeit schwieriger politischer Verhandlungen bevor. Die Parteien des linken Spektrums und der Mitte werden versuchen, einen für alle akzeptablen Premierminister zu finden und ein minimales Gesetzgebungsprogramm auf den Weg zu bringen. Längerfristig könnte die Dreiteilung des Parlaments, die das Wahlsystem eigentlich verhindern soll, zu einer weiteren Neuwahl in einem Jahr führen. Früher ist eine erneute Wahl nicht möglich. Bis dahin wird das Wahlergebnis Emmanuel Macron die verbleibende Regierungszeit erschweren, die im April 2027 endet.

    Das Wahlergebnis erschwert Emmanuel Macron die verbleibende Regierungszeit, die im April 2027 endet

    Stillstand beim Defizit

    Der Stillstand bei innenpolitischen Entscheidungen macht eine Einigung über die notwendigen Massnahmen zur Bekämpfung des französischen Haushaltsdefizits unwahrscheinlich. S&P Global stufte die langfristige Bonität Frankreichs im vergangenen Monat herab. Die Ratingagentur nannte die Staatsverschuldung, das schwache Wirtschaftswachstum und den politischen Stillstand als Hindernisse, die einer Lösung der Haushaltsprobleme im Weg stehen. 2023 lag das Budgetdefizit in Frankreich bei 5,5% des Bruttoinlandsprodukts (BIP). In diesem Jahr wird zwar ein Rückgang auf 5,3% erwartet, doch die Europäische Kommission hat das Land bereits für die Nichteinhaltung der für die Eurozone geltenden Obergrenze von 3% gerügt. Im Rahmen des „Defizitverfahrens“ der EU werden Regierungen aufgefordert, Rechenschaft abzulegen und zu erläutern, wie sie ihre Ausgaben reduzieren wollen. Die Anwendung des Verfahrens wurde während der Pandemie ausgesetzt.

     

    Bevorzugte Anleihen

    Wie werden europäische und britische Anlagen auf das veränderte politische Umfeld reagieren? Und wie sollen Portfolios angesichts der Dynamik in Politik, Wirtschaft und Märkten positioniert werden?

    In unserer globalen Portfoliopositionierung setzen wir weiterhin auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Aktien- und Anleihenallokationen, kombiniert mit neutralen Engagements in Risikoanlagen. Die Wachstumsdynamik bleibt trotz jüngster Anzeichen einer Abschwächung der Aktivität leicht positiv, und die Notenbanken lockern ihre Geldpolitik. Das politische Umfeld wird jedoch in der zweiten Jahreshälfte schwierig bleiben und könnte zeitweilig zu Marktvolatilität führen.

    Bei den Staatsanleihen ziehen wir fünf- bis siebenjährige deutsche Bundesanleihen den US-Staatsanleihen vor – abgesichert gegenüber der Referenzwährung des Portfolios. Die Europäische Zentralbank dürfte den Vorsprung gegenüber der US-Notenbank Fed im Zinssenkungszyklus beibehalten und die Kreditkosten weiter senken. Deutsche Bundesanleihen dürften aufgrund der politischen und geopolitischen Unsicherheiten zudem von einer anhaltenden Nachfrage nach als sicher geltenden Anlagen und Portfoliodiversifikation profitieren. Das Haushaltsdefizit stellt Frankreich vor Herausforderungen. Deshalb erwarten wir, dass die Renditedifferenz (Spread) zwischen zehnjährigen französischen Staatsanleihen (Obligations Assimilables du Trésor, OATs) und deutschen Bundesanleihen auf einem höheren Niveau als vor der Wahl bleiben wird.

    Wir ziehen fünf- bis siebenjährige deutsche Bundesanleihen den US-Staatsanleihen vor

    Auch bei den Unternehmensanleihen bevorzugen wir europäische Investment-Grade- und Hochzinspapiere gegenüber ihren auf US-Dollar lautenden Pendants. Erstere bieten, in US-Dollar abgesichert, attraktive Renditen. Zum einen sehen wir besseres Wertpotenzial bei Euro-Anleihen; zum anderen hilft uns eine Dollar-Absicherung, geringere Renditen in der Eurozone wettzumachen und ein Engagement in unserer bevorzugten Währung einzugehen. Bei den europäischen Unternehmensanleihen können nach unserer Ansicht Titel von Finanzinstituten nun Aufholpotenzial bieten.

     

    Aktienpräferenzen

    Französische Aktien, insbesondere aus dem Finanzsektor, haben sich gemäss unseren Erwartungen zwar erholt. Wir sehen aber aktuell wenig weiteres Aufwärtspotenzial, da die politischen Unsicherheiten nach wie vor bestehen. Insgesamt bleibt Europa unsere am wenigsten bevorzugte Region. Das Wirtschaftswachstum steigt, liegt jedoch weiter hinter dem Trend zurück und lässt schwächere Gewinne erwarten. Die europäischen Automobilhersteller sehen sich starkem Wettbewerb sowie potenziell eskalierenden Zöllen und Handelskriegen ausgesetzt. Ein Rückgang des Euro und/oder der Zinsen in Europa könnte den Ausblick für europäische Aktien verbessern. In unseren Kundenportfolios werden wir sie jedoch vorläufig im Vergleich zu unserer strategischen Benchmark weiterhin untergewichten.

    Europa bleibt unsere am wenigsten bevorzugte Region

    Im Gegensatz dazu bleibt das Vereinigte Königreich unsere bevorzugte Aktienregion. Das wirtschaftliche Umfeld verbessert sich, und sowohl das britische Pfund als auch die Zinsen dürften nachgeben. Die vielen multinationalen Unternehmen im FTSE-100-Index dürften zudem von einem schwächeren Ausblick für das britische Pfund profitieren, wenn die Bank of England (BoE) in diesem Sommer ihren Zinssenkungszyklus startet. Die Aktienbewertungen sind im Vergleich zu anderen Regionen attraktiv. Ausserdem sind viele Anlegerinnen und Anleger nach wie vor in britischen Aktien deutlich untergewichtet. Potenzielle Reformen könnten dazu führen, dass beitragsorientierte britische Pensionskassen ihre Bestände an inländischen Aktien aufstocken. Das würde dem Aktienmarkt zusätzlichen Auftrieb geben.

    Auch die Devisenmärkte werden weiterhin die politische Dynamik widerspiegeln. Die Nachfrage nach dem Dollar dürfte steigen, wenn die US-Wahlen näher rücken. Wir gehen davon aus, dass der EURUSD-Kurs sich vom aktuellen Stand von 1,08 in Richtung 1,04 in drei Monaten bewegt. Das britische Pfund blieb im Vorfeld und im Nachgang des Siegs der Labour-Partei stabil. Wir erwarten, dass eine geldpolitische Lockerung der BoE ab August sich in den kommenden Monaten stärker auf die Währung auswirkt. Wir rechnen mit einem Rückgang des GBPUSD-Kurses auf 1,25 in drei Monaten und auf 1,22 in zwölf Monaten, ausgehend von aktuell 1,28.

     

    1 Europäische Wirtschafts- und Währungsunion.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende.

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