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    Ist das Fundament für einen Immobilienaufschwung gegeben?

    Ist das Fundament für einen Immobilienaufschwung gegeben?
    Séverine Cauchie - Senior Fund Analyst and Portfolio Manager, Open Architecture

    Séverine Cauchie

    Senior Fund Analyst and Portfolio Manager, Open Architecture

    Kernpunkte

    • Die Pandemie hat das Anlageumfeld für Immobilien verändert – infolge hoher Hypothekenzinsen und sich wandelnder Arbeitsroutinen.
    • Ein knappes Angebot und die Mietindexierung stützen die Anlegernachfrage in vielen Industrieländern. Ein Höhepunkt der Kreditkosten dürfte den Preisrückgang bei Direktanlagen stoppen.
    • Das Potenzial für weiter fallende Preise im Vereinigten Königreich ist augenfällig. Der Schweizer Markt hat sich als robust erwiesen.
    • Wir sind gegenüber Immobilien in Multi-Asset-Portfolios weiterhin neutral: Aufgrund des relativ knappen Angebots bleiben die Preise hoch. Zugleich dürfte der Übergang zu Netto-Null einen neuen Immobilienzyklus einleiten.

    Hypothekennehmer brauchen nicht daran erinnert zu werden, dass steigende Zinsen zu höheren Tilgungszahlungen geführt haben. Viele Wirtschaftssektoren haben wegen Covid Verwerfungen erlebt. Auch die Immobilienmärkte spüren tiefgreifende Auswirkungen – durch neue Arbeitsmuster, steigende Kreditkosten, strengere Kreditbedingungen und veränderte Ausgaben im Einzelhandel. Zugleich sorgen das begrenzte Angebot und Investitionen in den Übergang zu Netto-Null für Unterstützung und Chancen. Wir bieten einen Überblick über die Märkte in Europa, der Schweiz und den USA.

    Die Nachwirkungen der Covid-Pandemie haben die Investitionslandschaft für Immobilien verändert. Die Hypothekenzinsen sind so hoch wie seit der Finanzkrise vor 15 Jahren nicht mehr. Und nach drei Jahren des hybriden Arbeitens ist die Suche nach einem Gleichgewicht bezüglich Arbeitsroutinen nach wie vor im Gange, wobei sich die Nachfrage nach Büros abkühlt. Positiv zu vermerken ist, dass sich staatliche Investitionen in Übergangstechnologien zunehmend auf die Gestaltung von Immobilien sowie die Nachfrage und das Angebot auswirken. Es bestehen Anreize und Subventionen für die Produktion solcher Technologien sowie für umweltfreundlicheres Bauen und Energieeffizienz.

     

    Abgefederte Entwicklung

    Zwar sind Hypotheken teurer geworden, sodass Häuser in den Industrieländern weniger erschwinglich sind. Doch die Nachfrage nach Einfamilienhäusern bleibt im historischen Vergleich stabil, da das Angebot weiterhin begrenzt ist. Die Bauindustrie scheint in den USA besser aufgestellt zu sein als in früheren Konjunkturzyklen. Die Bauunternehmen waren bei der Einstellung von Arbeitskräften deutlich vorsichtiger und konnten so die Auswirkungen der rückläufigen Nachfrage auf die Beschäftigung abfedern. Möglicherweise rechnet die Branche auch mit einem Anstieg der privaten Investitionen, die auf staatliche Subventionen für die Gebäudesanierung und nachhaltige Technologien folgen.

    Das knappe Angebot, insbesondere bei Wohn- und Logistikgebäuden, sowie die Indexierung der Mieten kurbeln die Nachfrage an

    Die Gesamtrendite von Anlegerinnen und Anlegern im Immobilienbereich setzt sich aus dem Ertrag und der Preissteigerung zusammen. Auch wenn eine allgemeine Aussage kaum möglich ist: Die Performance der Investitionen in den meisten Immobilienmärkten der Industrieländer, mit Ausnahme von Geschäftsbüros in den USA und Nebenlagen in Europa, ist auf Kurs. Aufgrund dieser Investitionen haben börsennotierte Unternehmen gute Betriebsergebnisse und solide Halbjahresgewinne erzielt. Denn das knappe Angebot, insbesondere bei Wohn- und Logistikgebäuden, sowie die Indexierung der Mieten kurbeln die Nachfrage an. Die Indexierung der Mieten ist wichtig: Ein Anstieg des Referenzzinssatzes schlägt sich direkt in einer Erhöhung der Mieteinnahmen nieder, und die Verträge für Geschäftsgebäude sehen häufig eine Indexierung vor. In den französischen und spanischen Gewerbeimmobilienmärkten investierte Portfolios verzeichneten im ersten Quartal 2023 ein Mietwachstum von 10%. An den Wohnungsmärkten ist die Indexierung weniger üblich, und es besteht das Risiko, dass die Regierungen den Mietanstieg begrenzen. Letzteres war kürzlich in den USA der Fall, wo die Wohnungsmieten 2022 einen Sprung von durchschnittlich 8,6% verzeichnet haben. Die französische Regierung wiederum hat eine Obergrenze von 3,5% für den Anstieg der Wohnungsmieten eingeführt. Und die Stadt Los Angeles hat Mieterhöhungen ganz verhindert.

    Natürlich sind Mieterhöhungen nur in Märkten möglich, in denen die Nachfrage das Angebot übersteigt und die Mieten den aktuellen Marktpreisen hinterherhinken. Unter Umständen zögern die Vermieter, die Mieten für schwächere Mieter, etwa Einzelhändler, zu erhöhen. Unternehmen mit begehrten Objekten und Standorten melden jedoch inzwischen Volumen und Belegungsraten, die sich dem Vorpandemie-Niveau annähern. NewRiver, ein im Vereinigten Königreich ansässiger Real Estate Investment Trust (REIT) mit einem Portfolio von Einzelhandelsimmobilien, meldete per Ende März 2023 einen Vermietungsgrad von 97%. Dagegen leidet der US-Büromarkt unter Leerständen, insbesondere in renovierungsbedürftigen Bürogebäuden. CommercialEdge berichtete im Juni in einer Studie von einer Leerstandsquote von durchschnittlich 17% für den gesamten Büromarkt. Dahinter verbergen sich allerdings grosse Unterschiede: Gepflegte Gebäude an guter Lage sind voll belegt, während Liegenschaften am anderen Ende des Spektrums möglicherweise leer stehen.

     

    Rasche Korrektur in Grossbritannien

    Die meisten Immobilienmärkte befinden sich in einer Phase, die in der Anlagebranche gerne als „Preisfindungsmodus“ bezeichnet wird, denn sie müssen die Auswirkungen steigender Zinsen verkraften. Die wichtigste Grösse, um einen gesunden Markt und das Anlegerinteresse aufrechtzuerhalten, ist die Differenz zwischen der Rendite einer Immobilie und den zugrunde liegenden Finanzierungskosten. Aufgrund der jüngsten Zinserhöhungen verringerte sich diese Differenz, bevor fallende Preise für Ausgleich sorgten. Dieser Effekt wurde zuerst im Vereinigten Königreich sichtbar, wo sich die Preise und die Bewertungen der Unternehmen rasch anpassten. Der gesamte britische Immobilienmarkt gab zwischen Juni 2022 und Februar 2023 um 21,1% nach. Im Juni 2023 sanken die Hauspreise im Vereinigten Königreich um 2,6% im Vergleich zum Juni 2022. Die Bank of England dürfte die Zinsen weiter erhöhen, und für viele Hypotheken dürften künftig höhere Tilgungszahlungen gelten. Daher sehen wir weiteres Potenzial für einen Rückgang der britischen Immobilienpreise.

    Die Märkte sind im „Preisfindungsmodus“, denn sie müssen die Auswirkungen steigender Zinsen verkraften

    Ausnahme Schweiz

    Anders als in Europa und den USA legen die Preise in der Schweiz weiter zu. Laut dem Analyseunternehmen IAZI stiegen die Preise für Immobilien in der Schweiz in den ersten drei Monaten des Jahres 2023 um 0,4%. Die Zunahme der Finanzierungskosten war geringer als im übrigen europäischen Markt und in den USA. Zusammen mit soliden makroökonomischen Fundamentaldaten hat dies sowohl Wohn- als auch Gewerbeimmobilien in der Schweiz unterstützt. Die Schweizer Märkte sind zudem dank geringerer Pendelzeiten und eines hohen Anteils kleiner und mittlerer Unternehmen weniger stark vom pandemiebedingten Homeoffice-Trend betroffen. Des Weiteren hat die Schweiz eine Art Kaufansturm erlebt, da die Leute in Erwartung steigender Zinsen versuchen, ein Haus zu erwerben.

    Vor diesem Hintergrund erwarten wir, dass die Preise für Direktanlagen in Immobilien in der Schweiz stagnieren oder leicht sinken. In den USA und Europa dürften die Preise weiter nachgeben. Dank des Mietwachstums und der Indexierungsmechanismen dürfte der Rückgang jedoch anders als im Vereinigten Königreich weniger als 20% betragen. Es liegt auf der Hand, dass diese Erwartungen von der Zinsentwicklung abhängig sind. Wenn die Zinsen weiter steigen, werden die Büropreise stärker fallen als die Preise auf dem Gesamtmarkt, weil die Nachfrage – insbesondere nach weniger modernen Büros in Nebenlagen – sinkt. Umgekehrt dürften moderne, gut gelegene Gewerbeimmobilien, die zeitgemässen Nachhaltigkeitsstandards entsprechen, kaum von Schwächen betroffen sein, da sie bei Mietern weiterhin sehr gefragt sind.

    Anhaltende Diversifizierung

    Wenn das Ende des Zinserhöhungszyklus erreicht ist, dürfte auf allen Märkten Wert freigesetzt werden. Mit dem Höhepunkt der Kreditkosten dürfte der Rückgang der Preise für Direktanlagen in Immobilien gestoppt werden. In diesem Umfeld bevorzugen wir die Märkte für börsennotierte Immobilienanlagen. Hier halten Investoren Anteile an einem Fonds oder einem Unternehmen, das ein Immobilienportfolio verwaltet. Die Märkte für börsennotierte Immobilienanlagen reflektieren veränderte Bedingungen in der Regel schneller als jene für Direktanlagen.

    Wenn das Ende des Zinserhöhungszyklus erreicht ist, dürfte auf allen Märkten Wert freigesetzt werden

    Immobilienanlagen können die Möglichkeit bieten, Portfolios vor Inflation zu schützen. Direktanlagen in Immobilien haben häufig einen längerfristigen Horizont, während indirekte Anlagen kürzer und liquider sein können, jedoch meist eine höhere Volatilität aufweisen. Interessant ist, dass einige der grössten Anbieter börsennotierter Immobilienfonds 2023 Rücknahmen von Kleinanlegern verzeichneten, während neue Investitionen von grösseren, institutionellen Kunden mit längerfristiger Perspektive zunahmen. Dies liegt vor allem daran, dass institutionelle Anleger Chancen durch Zwangsverkäufe erwarten, während sich kleinere Anleger schneller über steigende Kapitalkosten sorgen.

    Lesen Sie auch: Private Assets: Fundamentaldaten sind wieder im Fokus | Lombard Odier

    Zudem weisen die regionalen Indizes für direkte Immobilienfonds grosse Unterschiede bezüglich Sektoren auf. Eine Veränderung bei einer Immobilienart kann entsprechend grosse Auswirkungen haben.

    Für Investoren mit geeignetem Anlageprofil bieten Privatmarktanlagen oder Private Assets im Immobilienbereich eine Chance. Nach der Finanzkrise von 2008/2009 haben Immobilienfonds aus dem Private-Assets-Segment relativ wenig Kapital beschafft. Viele Anleger dürften eine Pause eingelegt haben. Die damaligen wirtschaftlichen Unsicherheiten bescherten den Investoren jedoch überdurchschnittliche Renditen für diese Ausgabejahre. Die heutigen Marktbelastungen sind eher liquiditätsbezogen und erfordern eine spezielle Analyse dieser Instrumente sowie die eingehende Kenntnis der Faktoren, die den Bewertungen zugrunde liegen.

    Insgesamt bleiben wir gegenüber Immobilien in Multi-Asset-Portfolios neutral. Betrachtet man die Fundamentaldaten des Sektors, so wollen die Anleger in der Regel dann kaufen, wenn die Bewertungen niedrig sind und die Kreditkosten sinken. Dies entspricht eindeutig nicht dem aktuellen Umfeld. Zugleich ist das Umfeld auch nicht extrem negativ. Für die meisten europäischen Märkte, die USA und die Schweiz gilt: Der Immobiliensektor leidet nicht unter dem Überangebot und der billigen Finanzierung, die in der Vergangenheit für ein Auf und Ab gesorgt haben. Zwar sind Direktanlagen in Immobilien weniger erschwinglich. Doch das begrenzte Angebot und der Übergang zu Netto-Null, die einen neuen Immobilieninvestitionszyklus in Gang setzen, kompensieren dies bis zu einem gewissen Grad.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

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