investment insights

    Einschätzung der Attraktivität Japans für ausländische Anleger

    Einschätzung der Attraktivität Japans für ausländische Anleger
    Homin Lee - Senior Macro Strategist

    Homin Lee

    Senior Macro Strategist
    Kiran Kowshik - Global FX Strategist

    Kiran Kowshik

    Global FX Strategist
    Edmund Ng - Senior Equity Strategist

    Edmund Ng

    Senior Equity Strategist

    Kernpunkte

    • Die Fundamentaldaten Japans sind solide, wobei der Dienstleistungssektor und die inländischen Investitionsausgaben Schwächen anderswo ausgleichen. Die Inflation dürfte ein weiteres Jahr über dem 2%-Ziel der BoJ liegen.
    • Die BoJ könnte ihre Politik der Zinskurvenkontrolle dieses Jahr anpassen oder beenden. Die Märkte könnten dies ausblenden, indem sie Nuancen in den offiziellen Äusserungen der Notenbank ignorieren.
    • Der Yen scheint unterbewertet. Wir erwarten eine Aufwertung des Yen gegenüber dem US-Dollar. Unser Zwölf-Monats-Ziel für USDJPY liegt bei 120.
    • Wenig deutet darauf hin, dass die Unternehmensreformen die Kapitalrenditen deutlich verbessert haben, und die Bewertungen scheinen im Vergleich zum langfristigen Durchschnitt nicht mehr attraktiv. Wir bleiben gegenüber japanischen und globalen Aktien neutral und bevorzugen erstklassige Anleihen.

    In Japan könnte eine dauerhafte Verschiebung hin zu einer positiven Inflation und langfristigem Optimismus im Gange sein. Die japanischen Aktien haben bereits zugelegt, da die Marktteilnehmer diesen grundlegenden, wenn auch noch unvollständigen, wirtschaftlichen Fortschritt erkannt haben. Die Attraktivität japanischer Finanzanlagen für ausländische Anlegerinnen und Anleger hängt nun weitgehend von einer positiven Inflation und von Reformen der Unternehmensführung ab. Denn die Bank of Japan erwägt, wie sie die langjährige lockere Geldpolitik beenden kann. Mit der Beendigung würde ein wichtiger Treiber der jüngsten Rally wegfallen.

    Es gibt Grund zur Annahme, dass sich die Inflation als dauerhaft erweist. Die japanische Verbraucherpreisinflation hat sich seit Januar aufgrund der staatlichen Energiesubventionen für Haushalte leicht abgeschwächt. Die Erwartungen für die durchschnittliche Verbraucherpreisinflation im Jahr 2023 sind jedoch von 1,8% zu Jahresbeginn auf 2,8% Anfang Juli gestiegen (siehe Grafik 1). Gründe dafür sind die Aussicht auf eine starke Inlandsnachfrage und steigende Stromtarife. Japans Kerninflation, bei der frische Lebensmittel und Energie nicht berücksichtigt werden, hat lange nahe bei 0% gelegen und notiert nun auf dem höchsten Stand seit mehr als vier Jahrzehnten. Zurzeit scheint es wahrscheinlich, dass Japan das zweite Jahr in Folge eine über dem Ziel liegende Inflation verzeichnen wird – im Einklang mit unseren früheren Erwartungen.

    Das Lohnwachstum wird die Aussichten weiter verbessern. Nach einem kurzen Rückgang Anfang 2023 dürften die Löhne im Zuge einer der grössten „Shunto“-Lohnrunden der letzten Jahrzehnte wieder anziehen; die gewerkschaftlich organisierten Lohnverhandlungen führten laut den Gewerkschaften zu einem Gesamtanstieg von über 3,6%. Die Aktivität des japanischen Dienstleistungssektors, der vom boomenden Tourismus profitiert, begünstigt das Lohnwachstum, zumal auf diesen Sektor rund 70% der nationalen Lohnsumme entfallen. Die Anleger sollten auf unerwartet starke Lohnwachstumsdaten in der zweiten Jahreshälfte 2023 achten, da das wirtschaftliche Umfeld überraschen und sich auf die Marktpreise auswirken könnte.

    Das Land dürfte stärker wachsen als vergleichbare Volkswirtschaften

    Das Land dürfte stärker wachsen als vergleichbare Volkswirtschaften. Dank florierender Dienstleistungen und robuster Investitionen des Privatsektors wuchs Japans Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal 2023 um 1,6%, obwohl die realen Exporte zurückgingen. Wir sehen genügend Schwung in der Inlandsnachfrage für ein BIP-Wachstum von 1,2% im Jahr 2023. Damit würde die erwartete Entwicklung der USA (0,9%) und der Eurozone (0,7%) dieses Jahr übertroffen. Noch wichtiger ist, dass sich die langfristigen Wachstumserwartungen der Anleger nicht mehr verschlechtern. Zwar wird das Wachstum durch die ungünstige Demografie begrenzt. Doch auf längere Sicht erweist sich die Bedeutung des Landes bei Freihandelsabkommen wie der Transpazifischen Partnerschaft in Zeiten des „Friend-Shoring“ als positiv.

    Zinskurve und Yen

    Ein sich aufhellender Ausblick erhöht den Druck auf die Bank of Japan (BoJ), die Geldpolitik zu straffen. Wir erwarten, dass die Notenbank auf die starke Inflation und die erneute Abwertung des Yen reagiert, indem sie die Zinskurvenkontrolle im späteren Jahresverlauf anpasst. Seit 2016 kauft die BoJ zehnjährige japanische Staatsanleihen, um die Rendite nahe bei null zu halten. Allerdings hat die BoJ das Band in drei Schritten – 2018, 2021 und 2022 – von ±0,1% auf ±0,5% erweitert. Damit hat sie die Interventionen am Anleihemarkt zur Verteidigung des Renditeziels schrittweise reduziert.

    Im April 2023 hat Kazuo Ueda die Nachfolge von Haruhiko Kuroda als Gouverneur der BoJ angetreten. Noch hat er die Geldpolitik der BoJ nicht geändert. Allerdings hat er eine „Überprüfung der Geldpolitik“ eingeleitet, die 12 bis 18 Monate dauern dürfte. Unseres Erachtens beruht der Marktkonsens auf einer wörtlichen Auslegung von Kazuo Uedas Ankündigung der Überprüfung. Die vage Definition der Überprüfung könnte auch dazu führen, dass diese enger an die kurzfristigen Zinsen und nicht an die Zinskurvenkontrolle gebunden ist.

    Wir halten es für möglich, dass die BoJ Spielraum schafft, um vor 2024 zu handeln

    Die vermeintlich gemässigten Äusserungen von Kazuo Ueda letzte Woche waren bestenfalls kryptisch: Die BoJ könnte die Politik anpassen, sobald sie „einigermassen sicher“ sei, dass die Inflation bis ins Jahr 2024 hinein weiter steigen werde, sagte er. Viele betrachten dies als Anhaltspunkt dafür, dass eine Änderung der Geldpolitik bis 2024 aufgeschoben wird. Im Gegensatz dazu halten wir es für möglich, dass die BoJ Spielraum schafft, um vor 2024 zu handeln, wobei eine Änderung von der Revision der Prognosen abhängt.

    Andere Faktoren, von denen man angenommen hat, dass sie eine Anpassung der Zinskurvenkontrolle verzögern, liegen hinter uns oder sind nicht überzeugend. Die US-Schuldenkrise wurde abgewendet, und der Bank-Run in den USA und Europa ist für die Geldpolitik nicht mehr wesentlich. Ein grösserer geldpolitischer Schritt mitten im Wahlkampf in Japan wäre heikel. Zugleich scheinen Premierminister Fumio Kishida und seine Partei nach dem Popularitätsschub ihres rechtsgerichteten Konkurrenten nicht mehr so sicher, ob sie Neuwahlen aufrufen sollen.

    Ausserdem ist es höchst unwahrscheinlich, dass eine Änderung der Zinskurvenkontrolle zu Bank-Runs oder Turbulenzen bei Pensionsfonds führen würde, wie dies in den USA und Europa der Fall war. Japanische Banken halten nur einen geringen Anteil ihres Gesamtvermögens in Staatsanleihen. Und Japans leistungsorientierte Pensionsfonds tätigen in der Regel nicht die Liability Driven Investments (LDI), die im Vereinigten Königreich für Turbulenzen sorgten: In Japan sind die versicherungsmathematischen Verpflichtungen von Bedeutung, und die gesetzlichen Zinssätze ändern sich nur langsam.

    Was die Währung betrifft, erwarten wir, dass der Yen gegenüber dem US-Dollar aufwertet. Gründe dafür sind das stärkere Wachstum in Japan und die Aussicht auf ein Ende der ultra-lockeren Geldpolitik. Die Währung scheint in mehrfacher Hinsicht extrem unterbewertet, auch mit Blick auf die sich verbessernde Handelsbilanz Japans. Unsere Dollar-Yen-Ziele liegen bei 138 in drei Monaten und 120 in zwölf Monaten. Wahrscheinliche Devisenmarktinterventionen des japanischen Finanzministeriums und/oder eine Anpassung der Zinskurvenkontrolle könnten den Yen in Richtung unseres kurzfristigen Ziels treiben. Die Prognosen für einen stärkeren Rückgang des Dollar hängen von einer sich verlangsamenden US-Wirtschaft und dem Risiko einer US-Rezession Ende 2023 und Anfang 2024 ab. Jeder Hinweis auf einen weniger angespannten US-Arbeitsmarkt sowie eine niedrigere Inflation in den kommenden Monaten könnte den Yen stärken. Denn dies würde der US-Notenbank Fed die Möglichkeit bieten, den Leitzins Anfang 2024 zu senken.

     

    Aktien: Revival der 1980er-Jahre?

    Nicht nur die Inflation bricht in Japan Rekorde. Der Tokioter Aktienindex Topix hat im bisherigen Jahresverlauf in Yen mehr als 24% zugelegt. Er hat damit ein Niveau erreicht, das seit Ende der 1980er-Jahre nicht mehr verzeichnet worden ist. Angesichts der starken Abwertung des Yen halten sich die Anreize für ausländische Anleger jedoch in Grenzen.

    Wir bleiben insgesamt gegenüber japanischen Aktien neutral. Das Gleiche gilt für globale Aktien

    Die Performance des Topix lässt sich zum Teil durch einen schwächeren Yen und eine positivere Stimmung erklären, die teilweise auf der Erwartung einer besseren Unternehmensführung beruht. Auch die Entscheidung von Berkshire Hathaway, das Portfolioengagement in Japan zu erhöhen, hat das Interesse ausländischer Anleger beflügelt. Nach Angaben des Brokers SMBC Nikko Securities werden sich die Aktienrückkäufe in Japan 2023 fast auf den Rekordwert von 2022 belaufen – das heisst auf JPY 9,2 Bio. (USD 638 Mrd.).

    Als Argumente für japanische Aktien werden steigende Dividendenrenditen, Aktienrückkäufe und eine bessere Unternehmensführung genannt. Bislang gibt es jedoch kaum Anzeichen dafür, dass sich die Reformen in einer deutlichen Verbesserung der Kapitalallokation und der Kapitalrendite der Unternehmen niedergeschlagen haben. Nach der Rally der japanischen Aktien in diesem Jahr scheinen die Bewertungen im Vergleich zum langfristigen Durchschnitt nicht mehr attraktiv. Zudem sind die Exporteure des Landes weiterhin der weltweiten Konjunkturverlangsamung ausgesetzt. Wir bleiben insgesamt gegenüber japanischen Aktien neutral. Das Gleiche gilt für globale Aktien. Wir bevorzugen erstklassige Anleihen, einschliesslich US-Staatspapieren und Investment-Grade-Unternehmensanleihen.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

    Entdecken Sie mehr.

    Sprechen wir.
    teilen.
    Newsletter.