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    Eine sich verändernde US-Renditekurve und ihre Auswirkungen

    Eine sich verändernde US-Renditekurve und ihre Auswirkungen
    Dr. Luca Bindelli - Head of Investment Strategy

    Dr. Luca Bindelli

    Head of Investment Strategy
    Sami Pepin - Fixed Income Strategist

    Sami Pepin

    Fixed Income Strategist

    Kernpunkte

    • Der Beginn des Zinssenkungszyklus der Fed dürfte zu einer steileren Renditekurve führen.
    • Diese Normalisierung der Renditekurve dürfte eher eine disinflationäre Verlangsamung als einen starken Wachstumsrückgang widerspiegeln. Aktien und Anleihen sollten beide gut abschneiden.
    • Das Hauptrisiko für unser Szenario ist eine Rezession. In diesem Fall würden vor allem Staatsanleihen profitieren. Sollte stattdessen das Inflationsrisiko überwiegen, würden wir mehr Unterstützung für Aktien als für Anleihen erwarten.
    • In unserem Basisszenario rechnen wir weiterhin mit einer sanften Landung; wir halten die Aktien- und Anleihenallokation in den Portfolios im Einklang mit unserer strategischen Benchmark.

    Mit dem Näherrücken des Lockerungszyklus der US-Notenbank Fed sollten Anlegerinnen und Anleger mit einer weiteren Versteilerung der Renditekurve von US-Staatsanleihen rechnen. Der Verlauf der Kurve dürfte sich normalisieren, jedoch ohne die Rezession, die eine solche Normalisierung gewöhnlich erwarten lässt.

    Die Renditekurve veranschaulicht das Verhältnis zwischen den Renditen von Anleihen mit unterschiedlichen Laufzeiten, in der Regel zwischen zwei- und zehnjährigen Laufzeiten. Wirtschaftliche und finanzielle Kräfte beeinflussen und prägen die Renditekurve, was ihre Bedeutung bei der Beurteilung von Finanzmärkten und Anlagen erklärt. Normalerweise vergrössert sich die Differenz zwischen den Renditen kurz- und langfristiger Anleihen mit zunehmender Laufzeit. Denn die Anleger verlangen eine Entschädigung in Form höherer Renditen dafür, dass sie ihr Geld für längere Zeit binden. Eine Inversion der Renditekurve, bei der Anleihen mit kurzer Laufzeit höhere Renditen bieten als Anleihen mit längerer Laufzeit, war in der Vergangenheit ein zuverlässiger Vorbote einer US-Rezession. Die jüngste Inversion lässt diesbezüglich aber Zweifel aufkommen. Nun kehrt die Renditekurve zu einem normalen Verlauf zurück, nachdem sie mehr als zwei Jahre lang invers war. Was heisst das für die Anleger?

    Renditekurven können sich auf zwei Arten normalisieren. Ein „Bear Steepening“, bei dem die langfristigen Renditen schneller steigen als die kurzfristigen, spiegelt häufig die Erwartung eines stärkeren Wirtschaftswachstums und/oder einer höheren Inflation wider. Bei einem „Bull Steepening“ wiederum fallen die kurzfristigen Renditen schneller als die langfristigen; dies ist gewöhnlich der Fall, wenn die Notenbank die Leitzinsen als Reaktion auf eine Konjunkturschwäche und/oder Disinflation senkt, was der aktuellen Situation entspricht. Die Zinssenkungszyklen der Fed in den Jahren 1990, 2000, 2008 und 2020 gingen alle mit einer Rezession und einem deutlichen „Bull Steepening“ einher (mehrere Prozentpunkte); das heisst, die kurzfristigen Renditen sanken gegenüber den langfristigen Renditen deutlich.

    Doch nicht alle „Bull Steepening“-Entwicklungen sind gleich. In Phasen, die nicht in einer Rezession endeten, kam es im Laufe des Zinssenkungszyklus nur zu einer durchschnittlichen Reduktion um 70 Basispunkte (Bp.); dies hatte eine moderatere Versteilerung der Renditekurve zur Folge. Solche Fälle waren jedoch seltener – seit 1987 gab es davon nur drei.

    Ob die US-Wirtschaft in eine Rezession fällt oder nicht, wird Auswirkungen auf die Renditekurve haben. Wie dürfte sich die Renditekurve unserer Meinung nach nun entwickeln, welche Risiken sind mit unserem Hauptszenario verbunden, und was sind die Folgen für die Anlageklassen?

    Wir gehen davon aus, dass die Renditekurve … moderat steiler wird, um etwa 30 Bp. gegenüber den aktuellen Niveaus

    Unser Basisszenario

    Derzeit beträgt die Differenz zwischen zwei- und zehnjährigen US-Staatsanleihen ungefähr null. In zwölf Monaten rechnen wir mit einem US-Leitzins von 3,50%, was einer Senkung um insgesamt 200 Bp. entsprechen würde. Wir erwarten, dass sich die Rendite zweijähriger Staatsanleihen 3,60% annähert, während sich die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen im gleichen Zeitraum auf 3,90% zubewegt. Angesichts dieser Prognosen gehen wir davon aus, dass die Renditekurve von nun an moderat steiler wird, bei einem Anstieg gegenüber den aktuellen Niveaus um etwa 30 Bp. Der von uns antizipierte steilere Verlauf steht im Einklang mit unserer Prognose einer sanften Landung der Wirtschaft. Wie würden sich die Anleihen- und Aktienmärkte in diesem Basisszenario entwickeln?

    In unserem Basisszenario einer sanften Landung würden erstklassige Unternehmensanleihen relativ gut abschneiden, mit einer etwas stärkeren Performance im Vergleich zu US-Staatsanleihen, während US-Hochzinsanleihen leicht zurückbleiben würden. Grafik 2 (siehe auf dieser Seite verlinktes PDF) zeigt, wie sich die US-Anleihensegmente in der Vergangenheit in verschiedenen Szenarien entwickelt haben. Indizes für erstklassige Unternehmensanleihen enthalten gewöhnlich Anleihen mit längerer durchschnittlicher Laufzeit, wenn man sie mit Indizes für Hochzinsanleihen vergleicht. Sie profitieren daher tendenziell stärker vom Niedrigzinsumfeld. Allerdings sind die Performanceunterschiede eher gering.

    Die Aktienmärkte haben im Szenario einer sanften Landung generell eine über ihrem historischen Durchschnitt liegende Performance erzielt. Dabei schnitten Indizes für Titel von Unternehmen mit grosser Marktkapitalisierung (Large Caps) und der breitere S&P-500-Index nur geringfügig besser ab als Aktien von Unternehmen mit kleiner Marktkapitalisierung (Small Caps). Diese Ergebnisse stehen weitgehend im Einklang mit einer neutralen Portfoliopositionierung – und mit unserer strategischen Benchmark.

    Wie sieht es mit alternativen Szenarien aus?

    Im Falle einer Rezession übertreffen US-Staatsanleihen sowohl ihren eigenen historischen Durchschnitt als auch die anderen Kreditsegmente. Denn ein rezessives Umfeld geht gewöhnlich mit einer Ausweitung der Kreditspreads insbesondere für Hochzinssegmente einher, die ein niedrigeres Kreditrating aufweisen. Aktien bleiben in diesem Umfeld hinter ihren historischen Durchschnittsrenditen zurück, und zyklische Aktien, die tendenziell stärker mit dem Konjunkturzyklus korrelieren, leiden mehr als defensive Werte. „Bull Steepening“-Phasen, die von einer Rezession begleitet werden, begünstigen daher US-Staatsanleihen gegenüber Unternehmensanleihen und insbesondere gegenüber Aktien; dies ist wertvoll für die Portfoliodiversifizierung und -absicherung.

    „Bull Steepening“-Phasen, die von einer Rezession begleitet werden, begünstigen US-Staatsanleihen gegenüber Unternehmensanleihen und insbesondere gegenüber Aktien

    Des Weiteren lohnt es sich, Szenarien zu untersuchen, in denen die Renditekurve steiler wird, weil die Renditen von Anleihen mit längerer Laufzeit stärker steigen; Grund ist gewöhnlich die Erwartung einer höheren Inflation und/oder eines höheren Wachstums. In unserem CIO Office Viewpoint zu den Auswirkungen der US-Wahl argumentieren wir, dass im Falle einer Wiederwahl von Donald Trump zum Präsidenten das Wachstum und die Inflation anziehen dürften; dies würde zu einer geringeren Lockerung der Fed-Politik und einer möglichen Ausweitung des Haushaltsdefizits führen. Wir gehen davon aus, dass diese Risiken ein „Bear Steepening“ zur Folge hätten. Zudem könnten fiskalische Risiken und steigende Risikoprämien in den USA unabhängig von einer Wiederwahl Trumps auftreten, da Bedenken hinsichtlich der Finanzierung der US-Politik bestehen. Inflationsdruck könnte vorübergehend auch durch einen Ölpreisschock entstehen, möglicherweise aufgrund einer Eskalation des Konflikts im Nahen Osten. Diese Risiken dürften die von den Anlegern geforderte Prämie für das Halten längerfristiger Schuldtitel erhöhen und Aufwärtsdruck für die Renditen langlaufender Anleihen bedeuten.

    Unter diesen Umständen verzeichnen nominale Staatsanleihen niedrigere Renditen. Grund dafür sind höhere Inflationserwartungen und Wachstumssorgen, die zu einer schwächeren Nachfrage nach Anleihen mit längerer Laufzeit führen. Erstklassige Unternehmensanleihen leiden dabei tendenziell stärker als Hochzins-Unternehmensanleihen, da die Nachfrage nach längeren Laufzeiten, die gewöhnlich in den Indizes für Unternehmensanleihen höherer Bonität dominieren, geringer ist. Hochzins-Unternehmensanleihen schneiden besser ab, wenn sich der Konjunkturausblick aufhellt, wodurch das Ausfallrisiko sinkt und risikoreichere Anlagen begünstigt werden. Aktien entwickeln sich in diesem Kontext gewöhnlich überdurchschnittlich; Small Caps und zyklische Werte verzeichnen tendenziell eine Outperformance, wenn sich die Aussichten verbessern oder die Verbraucherpreisinflation steigt. Im Allgemeinen sollten in einem solchen Umfeld Aktien gegenüber Anleihen sowie Hochzinsanleihen gegenüber erstklassigen Unternehmenspapieren und US-Staatsanleihen bevorzugt werden.


    Strategien für Risikoszenarien abwägen

    Während US-Staatsanleihen einen wirksamen Schutz gegen das Risiko einer wider Erwarten starken Disinflation und Rezessionsrisiken bieten können, sind sie bei unerwartet starker Inflation in Portfolios weniger wirksam. Für Anleihenanleger, die sich über diese Risiken sorgen, kann ein Abwägen zwischen Positionen in nominalen Staatsanleihen und inflationsgeschützten US-Staatsanleihen (TIPS) oder Rohstoffen wie Gold breiteren Schutz gegen steigende Inflation und geopolitische Unsicherheit bieten. Historische Daten belegen dies: In Zeiten steigender Inflationserwartungen, wie Anfang der 2000er-Jahre und nach der grossen Finanzkrise, schnitten TIPS besser ab als nominale Staatsanleihen. Auch hohe Realzinsen (inflationsbereinigte Zinsen, aktuell knapp 2% bei zehnjährigen Laufzeiten) machen TIPS zu einem attraktiven Instrument für die Portfoliodiversifizierung.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende.

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