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Weltwirtschaft: US-Verbraucher haben das Steuer weiterhin in der Hand
Kernpunkte
- Der US-Konsum ist dank niedriger Arbeitslosigkeit, steigender Löhne und Sparüberschüssen robust geblieben. Diese Faktoren sind nun unter Druck.
- Wir erwarten, dass die Fed ihre aktuelle Strategie mindestens bis in der ersten Hälfte des Jahres 2024 beibehält. Die Frage ist, wann sich die bereits hohen Zinsen auf die Verbrauchernachfrage auswirken.
- Die Margen im Basiskonsumgüter-Sektor dürften sich in der zweiten Hälfte 2023 allmählich erholen, da die Unternehmen höhere Preise nach wie vor weitergeben. Die Firmen sehen jedoch Anzeichen, dass eine Kaufwelle bei zyklischen Konsumgütern, die nach Covid begann, zu Ende geht.
- Der US-Sektor für Basiskonsumgüter bleibt in unseren Multi-Asset-Portfolios übergewichtet. Die Aktien sind weiterhin attraktiv bewertet, und wir schätzen ihre defensiven Qualitäten in einer sich abschwächenden Wirtschaft.
Die US-Verbraucherinnen und -Verbraucher sind ausgabefreudig geblieben – unterstützt durch Ersparnisse aus der Pandemiezeit und Löhne, die schneller steigen als die Inflation. Am Ende des Sommers deuten makroökonomische Indikatoren und Äusserungen von Unternehmensseite darauf hin, dass der Ausgabentrend anhält. Angesichts der Abkühlung in China und in der Eurozone gehen wir auf die erstaunliche Widerstandsfähigkeit des US-Konsums ein, der für die Weltwirtschaft von zentraler Bedeutung ist.
Wenn die USA der Motor der Weltwirtschaft sind, dann sind es die amerikanischen Verbraucher, die am Steuer sitzen. In Amerika beginnt gerade die „Back-to-School-Saison“, die traditionell von Rabatten und Sonderangeboten geprägt ist, und die Anbieter von Basiskonsumgütern blicken zuversichtlich auf die kommenden Quartale. An einer Branchenkonferenz in Boston Anfang September berichteten die Unternehmen, dass sich die Ausgaben zwar verlangsamten, aber weiterhin robust seien. Unterstützend wirkt dabei ein Lohnwachstum, das weiterhin über der Inflation liegt. Es stellt sich die Frage, wie lange diese Widerstandsfähigkeit anhält.
Die Frage ist umso wichtiger, als der US-Konsum nicht nur für die amerikanische, sondern auch für die globale Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung ist. Auf die USA entfällt etwa ein Viertel der weltweiten Wirtschaftsleistung, und schätzungsweise 70% des US-Bruttoinlandsprodukts (BIP) werden durch Verbraucherausgaben erwirtschaftet. Woher kommt die Widerstandsfähigkeit des US-Konsums? Drei makroökonomische Faktoren haben die Ausgaben in den USA seit der Pandemie gestützt: Sparüberschüsse und die Bereitschaft, diese für den Konsum einzusetzen, ein starker Arbeitsmarkt und Löhne, die bis jetzt schneller gestiegen sind als die Inflation.
Diese Faktoren sind nun unter Druck. Die private Sparquote als Anteil des verfügbaren Einkommens sank im Juli auf 3,5%, den niedrigsten Stand seit 2008. Im Mai hatte sie noch 4,7% betragen. Die während der Covid-Pandemie angehäuften Sparüberschüsse scheinen nun mehr oder weniger aufgebraucht, und inflationsbereinigt haben sich die Einkommen verlangsamt. Des Weiteren deuten die jüngsten Daten darauf hin, dass die Zahlungsrückstände bei Kreditkarten steigen. Die US-Wirtschaft hat im Juli 187’000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Dies ist nur eine leichte Verbesserung gegenüber Juni, dem niedrigsten Wert seit Dezember 2020, als Covid für erhebliche Verwerfungen sorgte. Im Drei-Monats-Durchschnitt liegt das Lohnwachstum jetzt unter dem durchschnittlichen Tempo des Jahres 2019. Die Arbeitslosigkeit erreichte im Juli mit 3,8% den höchsten Stand seit 18 Monaten, wodurch die Ausgaben zusätzlich unter Druck geraten.
Zurück zur Norm von 2019
Ein Teil dieser Schwäche könnte vorübergehend sein. Sie könnte etwa auf dem Streik der Hollywood-Schauspieler oder der Insolvenz von Yellow Corp, die 34’000 Lkw-Fahrer und Lagerarbeiter betrifft, beruhen. Der Rückgang des Beschäftigungswachstums geht jedoch weit über diese Branchen hinaus. Zwar bleibt der US-Arbeitsmarkt solide, aber die Nachfrage nach Arbeitskräften geht zurück, während mehr Menschen ins Erwerbsleben eintreten. Dies trägt dazu bei, dass sich die Inflation weiter abschwächen kann, und ist ein zusätzlicher Hinweis darauf, dass der US-Arbeitsmarkt zur Norm von 2019 zurückkehrt.
Das wiederum bestätigt uns in der Erwartung, dass die US-Notenbank Fed ihre aktuelle Zinsstrategie fortsetzt. Wir gehen davon aus, dass sie am 20. September eine Pause einlegt und dann den Leitzins mindestens bis in der ersten Hälfte des Jahres 2024 unverändert lässt. Die Geldpolitik hängt nun in hohem Masse von den Verbraucherausgaben und deren Auswirkungen auf die Inflation ab.
Die Widerstandsfähigkeit des US-Konsums hat die Anlegerinnen und Anleger überrascht. Bisher sieht es so aus, als würde sich das Ausgabeverhalten nur allmählich ändern. Laut der National Retail Federation legten die Einzelhandelsumsätze im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 3,1% zu. Die Konsumdaten blieben im Juli stark. Mit ein Grund dafür war ein Anstieg des Energieverbrauchs, da wegen einer Hitzewelle die Klimaanlagen vermehrt im Einsatz waren.
Solide Margen für Basiskonsumgüter
Die Unternehmen meldeten für das zweite Quartal 2023 keine plötzliche Veränderung der Verbrauchernachfrage nach Basiskonsumgütern wie Nahrungsmitteln, Softdrinks, Alkohol, Kosmetika und Haushaltsprodukten. Vielmehr wiesen sie häufig ein zweistelliges Umsatzwachstum aus, das auf höheren Preisen basierte, während die Volumen etwas zurückgingen. Insgesamt erwarten wir, dass sich die Margen der Unternehmen im globalen Basiskonsumgüter-Sektor in der zweiten Jahreshälfte 2023 zu erholen beginnen. Dies dank der anhaltenden Fähigkeit, höhere Preise weiterzugeben, sowie dank verbesserter Produktlinien und rückläufiger Auswirkungen hoher Rohstoffpreise auf die Kostenbasis.
Dennoch gibt es einige Anzeichen für eine Verlangsamung. Den Unternehmen zufolge normalisieren sich die Ausgaben der Kunden im Anschluss an die Kaufwelle, die nach der Covid-Pandemie eingesetzt hat. Dies gilt selbst für das Luxussegment der zyklischen Konsumgüter. Viele US-Unternehmen sind jedoch zuversichtlich, dass selbst bei einem weiteren Rückgang der Verkaufsvolumen die Margen solide bleiben oder sogar steigen. Denn die Verbraucher sind offenbar bereit, Preiserhöhungen zu akzeptieren.
Kurzfristig verharren die Ausgaben auch dank Sonderangeboten und des Abbaus von Lagerbeständen während der „Back-to-School-Saison“ auf hohem Niveau. Dies könnte im Oktober infrage gestellt werden, wenn die Rückzahlung von Studiendarlehen wieder aufgenommen wird. In den USA haben schätzungsweise 46 Millionen Menschen ausstehende Studienkredite, wovon jährlich rund USD 217 Mrd. zur Rückzahlung fällig werden. Dies könnte das Ausgabenwachstum bis Ende 2023 bremsen und das reale BIP-Wachstum der USA im letzten Quartal 2023 um bis zu 0,2% schmälern.
Aufgrund der anhaltenden Widerstandsfähigkeit des amerikanischen Konsums halten wir an einem Engagement in diesem Sektor fest. Selektivität ist jedoch wichtig, da es erste Anzeichen von Schwäche gibt, insbesondere bei Verbrauchern mit geringerem Einkommen, schuldenfinanzierten Ausgaben und zyklischen Konsumgütern. Angesichts der starken Preissetzungsmacht, des Potenzials für eine Margenerholung und attraktiver Bewertungen bevorzugen wir weiterhin Basiskonsumgüter. Dank ihrer Ertragskraft bieten entsprechende Unternehmen defensive Qualitäten und folglich ein mögliches Polster im Falle einer Konjunkturabschwächung.
Wichtige Hinweise.
Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende
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