KI-Gipfel in Paris: Macron und Europa drücken gegenüber den USA und China aufs Tempo

    Die künstliche Intelligenz ist Gegenstand eines intensiven globalen Wettbewerbs. Aktuell sind die USA und China führend: zwei Grossmächte, die massiv in Spitzentechnologien investieren und Europa mehr denn je zum Handeln zwingen. Europa will jedoch in diesem rasanten Wettlauf, der alle Bereiche der Gesellschaft – Industrie, Gesundheitswesen, Finanzsektor und Bildung – erfasst, relevant bleiben. Daher versucht Europa, ein Ökosystem aufzubauen, das mit Tech-Giganten wie OpenAI, Microsoft und DeepSeek rivalisieren kann, aber bestehende regulatorische und ethische Grundsätze einhält.

    Im Rahmen des KI-Aktionsgipfels in Paris fand am 11. Februar 2025 auf dem Start-up-Campus „Station F“ der Business Day statt. Dieser zog mehr als 3’800 Teilnehmende sowie Rednerinnen und Redner aus 100 Ländern an und sollte dem „alten Kontinent“ neuen Schwung verleihen. Unter anderem waren der französische Präsident Emmanuel Macron, der indische Premierminister Narendra Modi und US-Vizepräsident J.D. Vance angereist, um gemeinsam mit Expertinnen und Experten sowie Branchenführern über die französischen und europäischen Ambitionen im Bereich der KI zu diskutieren. Teilgenommen an den Gesprächen haben auch Sam Altman (OpenAI), Yann LeCun, Chief AI Scientist bei Meta, und Sundar Pichai, CEO von Alphabet, der Muttergesellschaft von Google.

    Im Rahmen der Veranstaltung wurden Fortschritte evaluiert, strategische Investitionen angekündigt und über zukünftige Herausforderungen diskutiert: Welchen Beitrag kann künstliche Intelligenz zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen in den Bereichen Klima und Gesundheit leisten? Wie lassen sich technologische Innovation, Nachhaltigkeit, Ethik und Transparenz miteinander verbinden? In diesem Artikel bieten wir einen Überblick über die Diskussionen, die diesen wichtigen Tag geprägt haben.

    Wir wollen eine KI, mit der wir zur Lösung der Energieversorgungsfrage beitragen können

    Massvolle KI im Dienste der Klimaresilienz

    Die Auswirkungen des Klimawandels werden immer deutlicher, wie zuletzt die Megabrände in Los Angeles Anfang des Jahres gezeigt haben. KI soll eine Schlüsselrolle bei der Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Infrastrukturen, der Optimierung der Energieeffizienz und der besseren Vorhersage von Klimarisiken spielen. Doch wie lassen sich Rechenleistung und sparsamer Energieverbrauch vereinbaren? Edouard de Saint Pierre, Geschäftsführer von Lombard Odier in Frankreich und Teilnehmer des KI-Gipfels, erklärt: „Wie bei jeder Technologie müssen auch für die KI Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit sie nicht selbst zu einem Belastungsfaktor für die weltweiten Energieressourcen wird.“ Zudem sei „ihr Potenzial [...] gewaltig, aber sie muss in eine nachhaltige und menschliche Sichtweise der Innovation eingebettet werden.“

    Der Energieverbrauch von Rechenzentren für KI kann im Jahr 2025 mehr als 2 % des weltweiten Stromverbrauchs ausmachen

    Auf diesen Aspekt ging auch Emmanuel Macron in seinen Ausführungen am Business Day ein: „Dieser Gipfel markiert das Erwachen Europas in Sachen KI ‒ gestützt auf unsere Werte. Wir wollen eine KI, mit der wir [...] zur Lösung der Energieversorgungsfrage beitragen können“, erklärte er. Die KI in Europa müsse „ein Gesellschaftsmodell transportieren [...], an das wir glauben: pluralistisch, offen, grosszügig, frei, fair“. Dies war die zentrale Frage, die auf der Podiumsdiskussion AI-Driven Solutions for Climate Resilience and Sustainable Infrastructure diskutiert wurde. Kevin Dedieu, Mitbegründer von Descartes Underwriting, einem Unternehmen, das auf Versicherungslösungen gegen Klimarisiken spezialisiert ist, verwies auf einen anderen Punkt: „Mithilfe der KI ist es heute möglich, Naturkatastrophen zu modellieren und so den Bau von Infrastrukturen im Hinblick auf Klimarisiken zu optimieren“. Er fügte hinzu: „Die Technologie ist da. Was fehlt, sind einheitliche Kriterien für die Messung dieser Risiken.“

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    Das Paradoxe an diesem technologischen Fortschritt: KI ist sehr ressourcenintensiv. Gemäss einer Studie von Deloitte dürfte allein der Energieverbrauch von Rechenzentren für KI kann im Jahr 2025 mehr als 2% des weltweiten Stromverbrauchs ausmachen.1 Ein gigantischer energetischer Fussabdruck, gegen den Arnaud Muller ankämpft. Er ist Mitbegründer von Cleyrop, einem französischen Spezialisten für Datenverwaltungslösungen, und setzt sich für einen sparsameren und souveräneren Ansatz ein: „Wir arbeiten aus Gründen der Vertrauenswürdigkeit, Regulierung und Kreislaufwirtschaft ausschliesslich mit europäischen Cloud-Anbietern zusammen.“ Ausserdem plädiert er für eine effizientere gemeinsame Nutzung von Energieressourcen durch die Cloud-Akteure.

    Vom sparsamen zum genügsamen Umgang mit Energie

    Die sogenannte „frugale KI“ könnte eine der Lösungen sein. Hinter diesem neuen Ansatz verbirgt sich das Ziel, mit einem Minimum an Ressourcen eine grösstmögliche Wirkung der KI zu erreichen. Sofia Schneider, Vice President AI South bei Oracle, Rednerin auf der Podiumsdiskussion zum Thema Frugal AI: Maximizing impact with minimal resources, unterstreicht die Bedeutung einer nachhaltigen Cloud-Infrastruktur. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass die europäischen Rechenzentren von Oracle „zu 100% mit erneuerbaren Energien betrieben werden“.2 Dies sei durch die Zusammenarbeit mit umweltfreundlichen Versorgern und die Investition in innovative Energiemanagement- und Kühlungstechnologien möglich.3 Ausserdem seien „99,9% der produzierten Hardware recyclingfähig“ – ein Konzept, das in der Branche unbedingt noch stärker verbreitet werden sollte.

    Mit KI kann die AXA Naturkatastrophen besser vorhersagen und entsprechend handeln... Algorithmen zur Modellierung von Überschwemmungen können den Einsatz von Rettungskräften im Katastrophenfall optimieren

    Für Christophe Vermont, Chief Transformation & Technology Officer von AXA FRANCE, muss die KI auch eine Schlüsselrolle beim Umgang mit und der Anpassung an Klimakrisen spielen: „Als Versicherer sind wir als erste von Umweltveränderungen betroffen. Unsere Aufgabe besteht darin, sicherzustellen, dass die Welt trotz dieser neuen Herausforderungen versicherbar bleibt“, betont er. Diese Aussage ist im Zusammenhang mit den Megabränden in Los Angeles Anfang 2025 zu verstehen. Deren wirtschaftliche Gesamtverluste dürften sich auf bis zu USD 150 Mrd. belaufen, wovon aber nur USD 20 Mrd. von Versicherungen abgedeckt sind4.

    Mit KI kann die AXA Naturkatastrophen besser vorhersagen und entsprechend handeln. Durch die Analyse von Satellitenbildern können Waldbrände antizipiert werden, während Algorithmen zur Modellierung von Überschwemmungen den Einsatz von Rettungskräften im Katastrophenfall optimieren können. „Bei den jüngsten Überschwemmungen in Valencia konnten wir den Anstieg des Wassers in Echtzeit erfassen und unsere Hilfe gezielt dort einsetzen, wo sie am dringendsten benötigt wurde“, erläutert er.

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    Für Christophe Vermont gibt es eine unbewältigte Herausforderung, nämlich die der Transparenz: „Momentan ist es noch sehr schwierig, genaue Daten über die Umweltauswirkungen von KI-Infrastrukturen zu erhalten. Wir müssen mehr Klarheit und beispielhaftes Verhalten einfordern“. Die Regulierung sollte nicht als Hemmnis, sondern als Anreiz für Innovationen gesehen werden. So können Einschränkungen als Chancen wahrgenommen werden. Arnaud Muller meint dazu: „Die Strukturierung eines europäischen Raums für KI ist von entscheidender Bedeutung. Wir müssen unsere Messungen, Masseinheiten und Algorithmen standardisieren, um vollständige Transparenz zu gewährleisten.“

    KI im Finanz- und Gesundheitswesen – im Spannungsfeld zwischen Verheissungen und Herausforderungen

    Eleonore Crespo, Mitbegründerin von Pigment und Teilnehmerin an der Podiumsdiskussion AI Transforming Financial Services, steht für eine radikale Wende beim Zugang zu Daten und bei der Entscheidungsfindung im Finanzsektor ein. Dies würde den Weg für etwas ebnen, das sie als „kollektive Intelligenz“ bezeichnet: „Dank KI können heute alle Mitarbeitenden Daten verstehen und nutzen, wodurch schnellere und bessere strategische Entscheidungen getroffen werden.“ Mit Blick auf diese Veränderungen ist die Schulung der Mitarbeitenden von entscheidender Bedeutung. Eleonore Crespo betont: „Es ist absolut notwendig, jedes Team im Umgang mit KI zu schulen, und zwar in allen Bereichen. Diese Welle lässt sich nicht aufhalten: Man muss mitmachen und innovativ sein.“

    Innerhalb der nächsten zehn Jahre erhofft man sich die Entwicklung vollständig personalisierter Therapien, die dank einer genauen Analyse der biologischen Daten auf die jeweilige Erkrankung zugeschnitten sind

    Die künstliche Intelligenz verändert auch einen anderen Bereich in einem nie dagewesenen Tempo: das Gesundheitswesen, das im Mittelpunkt des Panels Accelerating healthcare innovation with AI stand. KI beschleunigt die Bereitstellung neuer Therapien für Patientinnen und Patienten in Richtung Präzisionsmedizin. Innerhalb der nächsten zehn Jahre erhofft man sich die Entwicklung vollständig personalisierter Therapien, die dank einer genauen Analyse der biologischen Daten auf die jeweilige Erkrankung zugeschnitten sind. „Im Idealfall würde bei einer Krankheit eine Testreihe ausreichen, um eine perfekt auf die jeweiligen Patienten abgestimmte Behandlung zu konzipieren“, erklärt Peder Blomgren, Vice President & Head of Data Office bei AstraZeneca.

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    Angesichts des hohen Tempos der digitalen Innovationen muss aber auch die medizinische Infrastruktur Schritt halten. „Es ist, als würde man einen Hochgeschwindigkeitszug bauen, ohne den Tunnel zu verbreitern“, so Blomgren. Die grösste Herausforderung bestehe darin, die digitalen Technologien mit den Fähigkeiten der realen Welt zusammenzubringen. Heute eröffnen automatisierte Labore, neue Methoden zur Herstellung von Antikörpern und fortschrittliche Biotechnologien ungeahnte Möglichkeiten.

    Kann Europa seine eigenen KI-Champions hervorbringen?

    In der von Maya Noël, Generaldirektorin von France Digitale, moderierten Podiumsdiskussion Building European champions in AI wurde eine zentrale Frage aufgeworfen: Kann Europa seinen Rückstand gegenüber den USA und China aufholen und seine eigenen Leader aufbauen? Isabelle Ryl, Mitbegründerin des Paris Artificial Intelligence Research Institute, hält das europäische Ökosystem immer noch für fragil: „Wir waren in Europa führend in Bezug auf Veröffentlichungen im KI-Bereich, wurden aber von China überholt, das massiv investiert hat“, mahnt sie. Sie fordert dazu auf, „mehr Expertinnen und Experten auszubilden und Forschung und Unternehmen stärker miteinander zu verknüpfen“. Anne Bouverot, KI-Sondergesandte des französischen Präsidenten, stimmt dieser Analyse zu: „Wir müssen weiterhin in Forschung und Hochschulen investieren. Andernfalls werden wir den Anschluss verlieren.“

    Der US-Markt ist für europäische Start-ups, die zu globalen Champions werden wollen, unumgänglich

    Für Florian Douetteau, CEO von Dataiku, ist der US-Markt für europäische Start-ups, die zu globalen Champions werden wollen, unumgänglich. Dadurch stelle sich die Frage nach der technologischen Souveränität: „Heute stammen 80% der KI-Infrastruktur in Europa von sieben überwiegend US-amerikanischen Grossunternehmen. Was geschieht, wenn diese ihre Preise um 20% erhöhen?“, so Douetteau. Europa muss also dringend eigene Alternativen entwickeln, um seine Widerstandsfähigkeit und technologische Souveränität zu gewährleisten.

    Auf dem Weg zu einem europäischen KI-Ökosystem?

    Trotz dieser Herausforderungen bleiben die Rednerinnen und Redner optimistisch. „Es besteht ein echter kollektiver Wille zum Aufbau eines starken europäischen Ökosystems“, freut sich Isabelle Ryl. Die Initiative European AI Champions könnte – zusammen mit den während des KI-Gipfels angekündigten öffentlichen und privaten Investitionen – den Aufschwung der KI in Europa beschleunigen. „Heute gibt es in Europa Mistral AI, Dataiku, Hugging Face, Aleph Alpha und viele andere. Es besteht eine echte Dynamik“, so Anne Bouverot abschliessend. Um mit den Giganten aus den USA und China konkurrieren zu können, muss Europa nicht nur mehr investieren, sondern auch günstige Rahmenbedingungen für das Wachstum seiner Technologieperlen schaffen. Mit Blick auf das US-amerikanische Stargate-Projekt5 mit einem Investitionsvolumen von USD 500 Mrd. scheint sich Europa bereits in Stellung gebracht zu haben. Das zeigt die Ankündigung von Investitionen in Höhe von EUR 200 Mrd. in den kommenden Jahren6. Dies ist ein historischer Schritt, der den „alten Kontinent“ schneller als erwartet wieder ins KI-Rennen bringen könnte.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende.

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