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Öko ist in: Wie reduziert die Textilbranche ihre Umweltauswirkung?
Artikel veröffentlicht in deCLIC responsable in Partnerschaft mit Le Figaro am 2 November 2023
Jedes Jahr werden weltweit 100 Milliarden Kleidungsstücke verkauft. Der französischen Agentur für den ökologischen Wandel ADEME zufolge sind das 60% mehr als noch vor 15 Jahren. 2050 könnte der Anteil der Textilproduktion an den globalen Treibhausgasemissionen bei 26% liegen1. Lässt sich dieser deutliche Anstieg durch das Bewusstsein der Modeindustrie sowie der Verbraucherinnen und Verbraucher verhindern
Von den verwendeten Materialien über den Transport bis zur Produktion: Jeder Prozessschritt bei der Herstellung von Kleidung trägt zur Umweltverschmutzung bei. Für den Sektor ist es an der Zeit, die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft besser umzusetzen und die Verschwendung von Ressourcen sowie das Abfallaufkommen zu begrenzen. Vor diesem Hintergrund wächst der Markt für nachhaltige Mode jährlich um 8% – eine Erfolgsgeschichte. Er dürfte von EUR 7,12 Milliarden im Jahr 2022 auf EUR 10,45 Milliarden im Jahr 2027 ansteigen.2 „Die Nachfrage übersteigt das Angebot. Ethische Akteure stehen daher nicht miteinander im Wettbewerb“, versichert Julien Houssiaux, Mitbegründer von Mondin.
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Zur Herstellung seines Lederersatzes auf pflanzlicher Basis verwendet dieses Start-up aus Bayonne einen lokalen natürlichen Rohstoff: Traubentrester aus den Weinbergen Südwestfrankreichs. „Wir verfügen über die beste Biomasse, und diese ist mit dem Namen und dem Renommee der französischen Weinbauern verknüpft, mit denen wir zusammenarbeiten. Das ist fantastisch!“ Nisiar – das französische Wort „raisin“, Traube, rückwärts gelesen – ist zu 73% biobasiert und enthält zudem Biopolymere. Es ist frei von tierischen Bestandteilen oder schädlichen Chemikalien. Die Herstellung erfordert lediglich fünf Arbeitsschritte – im Gegensatz zu traditionellem Leder, bei dem die Verarbeitung 30 Stufen umfasst.
Dieses wassersparende, rein ökologische Produkt überzeugte bereits rund ein Dutzend Anbieter hochpreisiger Uhren und Lederwaren. Selbst Winzer lassen Accessoires für ihre Kunden anfertigen. Mondin stellt für sie Uhrenarmbänder und Geldbörsen, aber auch Flaschenhalter oder Hüllen für Korkenzieher her. Andere pflanzliche Alternativen zu Leder werden aus Pilzen, Ananas, Kork oder Fruchtabfällen gewonnen. 2021 belief sich dieser Markt auf USD 647 Millionen; bis 2026 dürfte er auf USD 868 Millionen wachsen3.
Natürliche Färbung von Textilien
Bei der Herstellung von Textilien werden knapp 2’000 unterschiedliche Chemikalien verwendet. Davon stuft die Europäische Union 165 Stoffe als gesundheits- oder umweltgefährdend ein. Das gilt auch für Färbemittel, die der Weltbank zufolge für 20% der weltweiten Wasserverschmutzung verantwortlich sind. Schwermetalle, chlorierte Lösungsmittel, Säuren, Phthalate und nicht zu vergessen Formaldehyd: Diese Stoffe sind nicht nur für die Umwelt schädlich, sondern auch für die Beschäftigten der Textilbranche; sie können das Hormonsystem der Mitarbeitenden durcheinanderbringen und ihr Krebsrisiko erhöhen. Zudem müssen die Fasern vor dem Färben entfärbt werden, häufig mithilfe von Bleichmitteln, die das Abwasser und den Boden verschmutzen. Ein Teil davon landet schliesslich auf unseren Tellern.
Textilien lassen sich jedoch auch umweltfreundlich färben. Das beweist das Start-up Pili, das natürliche Pigmente wiederentdeckt hat. „Wir sind weltweit das erste Unternehmen, das aromatische Moleküle mittels Fermentation herstellt“, bekräftigt der wissenschaftliche Leiter, Guillaume Boissonat-Wu. Die Pigmente werden aus Biomasse gewonnen, d.h. aus Pflanzen wie Getreide, Zuckerrüben oder Mais, die weiterverarbeitet werden können. So besteht die Möglichkeit, den Rohstoff lokal zu beziehen und zugleich Energie einzusparen und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. „Durch Fermentation können wir Biomasse für Non-Food-Zwecke nutzen – und zwar als Rohstoff anstelle von Erdöl- oder Kohlederivaten“, erläutert Guillaume Boissonat-Wu. Die CO2-Emissionen sinken damit um die Hälfte. Pili produira prochainement sa première tonne de pigments naturels, dont la commercialisation est prévue courant 2024.
In Frankreich und Europa sind weitere einzigartige und einfallsreiche Initiativen auf dem Vormarsch. In der Region Lyon wurde eine Genossenschaft gegründet, die Verschwendung verhindern soll. Dazu bringt feat.coop Einzelhandelsketten mit Luxusmarken zusammen, um ungenutzte Stoffe aufzukaufen und neue Kleidung zu produzieren. Die schwedische Marke Nudie Jeans setzt kostenlos die Jeans ihrer Kunden wieder instand. Dahinter steht die Philosophie einer lebenslangen Qualitätsgarantie.
Gemeinsam Einfluss auf die Politik nehmen
Trotz aller Fortschritte „sind regulatorische Vorgaben das Wichtigste, um die Textilindustrie zu transformieren“, prognostiziert der wissenschaftliche Leiter von Pili. „Technologische Innovationen sind nur ein Aspekt, den es umzusetzen gilt. Unsere Gesellschaft braucht Vorschriften – sowohl für die Art der Textilherstellung als auch für die Import- und Exportbedingungen.“
Die 2007 in Kraft getretene europäische REACH-Verordnung regelt die Herstellung und Verwendung von Chemikalien in der europäischen Industrie. Mehr als 20’000 Substanzen sind darin aufgenommen. Nichtregierungsorganisationen prangern jedoch regelmässig gefährliche Rückstände in den aus Asien importierten Artikeln an. Ende 2022 analysierte Greenpeace Deutschland 47 Modelle, die von Shein, dem chinesischen Ultra-Fast-Fashion-Giganten, verkauft wurden: Sieben enthielten chemische Bestandteile in höheren Konzentrationen als im europäischen Raum zulässig.
Die Anbieter nachhaltiger Mode schliessen sich daher zusammen, um mehr Einfluss auf die Politik zu nehmen. Der 2021 gegründete Verein En Mode Climat umfasst aktuell 636 Wirtschaftsakteure des Sektors wie etwa Marken oder Fabriken. Gemeinsam setzen sie sich für eine bessere Regulierung ihrer Branche ein und befürworten beispielsweise einen vollkommen transparenten Ausweis der Umweltauswirkung von Kleidung. Das soll sich in einem Bonus oder Malus niederschlagen, der sich auf den Verkaufspreis auswirkt.
Der 2021 gegründete Verein En Mode Climat umfasst aktuell 636 Wirtschaftsakteure des Sektors wie etwa Marken oder Fabriken. Gemeinsam setzen sie sich für einen vollkommen transparenten Ausweis der Umweltauswirkung von Kleidung ein. Das soll sich in einem Bonus oder Malus niederschlagen, der sich auf den Verkaufspreis auswirkt.
Garantien als Orientierungshilfe für die Verbraucher
Als Orientierungshilfe für Verbraucherinnen und Verbraucher dienen spezielle Label, die für den Schutz der Umwelt, Menschen und Tiere sowie einen – wenn überhaupt – massvollen Einsatz von Chemikalien stehen. Dazu zählen etwa 100 by OEKO-TEX, Global Recycled Standard oder GRS, ein Zertifikat der Vereinigung PETA – People for the Ethical Treatment of Animals, Fairtrade oder B Corp™.
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Umweltbewusste Modeliebhaber können zudem Plattformen wie WeDressFair nutzen. Der seit 2017 bestehende Online-Händler wählt für sie die ökologischsten Produkte aus. Er stellt sich der ehrgeizigen Aufgabe, „die Verbraucherinnen und Verbraucher durch Tipps und Informationen aufzuklären“, erläutert Caroline Reichert, Art Director des Unternehmens. Die Kleidungsstücke von über 150 Modemarken sind online sowie in zwei Boutiquen – einer in Paris, einer weiteren in Lyon – erhältlich. Das Management hält sich an eine recht strenge Charta, die auf sozialen und ökologischen Kriterien beruht. Die Arbeitsbedingungen und der Lohn müssen den Grundsätzen der ILO, der Internationalen Arbeitsorganisation, entsprechen. Das bedeutet etwa existenzsichernde Löhne, Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sowie ein Verbot von Zwangs- oder Kinderarbeit.Die Marken müssen sich verpflichten, ihre Werkstätten zweimal jährlich inspizieren zu lassen. Die angebotenen Textilien bestehen zu mindestens 90% aus umweltfreundlichen Materialien wie Naturfasern, recycelten oder upgecycelten Fasern. Zudem vertreibt die Plattform keine Modestücke aus China, denn Caroline Reichert hält die Produktionsbedingungen dort für zu undurchsichtig.
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Zurückhaltung als neue Maxime?
Die Initiativen sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Einkaufsgewohnheiten in Wirklichkeit differenzierter darstellen. Derzeit erwerben die Europäer zwischen 9 und 15 kg Kleidung pro Jahr, tragen aber nur 30% ihrer Garderobe. Einer vom französischen Modeinstitut in Auftrag gegebenen Studie zufolge geben die Franzosen nur knapp ein Viertel ihres Kleidungsbudgets verantwortungsbewusst aus4. Doch die Einstellungen der Verbraucherinnen und Verbraucher entwickeln sich in die richtige Richtung: Eine vom Marktforschungsinstitut Ipsos im Jahr 2019 für C&A durchgeführte Studie ergab, dass Nachhaltigkeit beim Kauf von Kleidung für 65% der Befragten zu einem Auswahlkriterium geworden ist. Die Industrie ist daher sehr daran interessiert, ihre Bemühungen in diesem Bereich fortzusetzen.
1 La mode sans dessus-dessous (ademe.fr)
2 Le marché de la seconde main en 2023 (fashionunited.fr)
3 Bio-based Leather Market Size Worth $868 Million by 2026| MarketsandMarkets™ | FinancialContent Business Page
4 institut FRANÇAIS de la MODE (defimode.org)
Wichtige Hinweise.
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