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Tourismus und Reisen: neue Zukunftsszenarien durch COVID-19
Für den Tourismus ist es ein Jahr wie kein anderes. Der enorme Impact, den die COVID-19-Krise auf das globale Reiseverhalten hat, sorgt dafür, dass der internationale Tourismus derzeit eine historische Krise erlebt.
In Grossbritannien rechnet die Branche1 voraussichtlich mit einem Verlust von mehr als GBP 20 Mrd. Einstige Touristen-Hotspots wie Florenz, Mailand oder Paris waren während des Lockdown auf einmal menschenleer. Auf der berühmten Piazza del Duomo in Mailand mit der anliegenden Galleria Vittorio Emanuele II2 waren auf dem Höhepunkt der Pandemie nur noch die unvermeidlichen Tauben zu sehen. Das Tor des Himmlischen Friedens in Peking blieb weiterhin geschlossen und die Tempelanlagen von Angkor Wat in Kambodscha3 verzeichneten nur einen Bruchteil der Besucher, die normalerweise zu erwarten sind.
Doch wenn der Tourismus wieder hochgefahren wird, bietet sich die Chance, ihn neu aufzustellen: mit innovativen Konzepten, klimafreundlich und resistent gegenüber zukünftigen Krisen. Gleichzeitig verdeutlicht die Krise die Gelegenheit, einzelne Branchen neu zu denken – in Richtung eines nachhaltigen Tourismus, der die Umwelt schonen und den CO2-Fussabdruck durch Touristen reduzieren könnte.
COVID-19 beschleunigt Wandel
Wenn auch die Tourismusbranche langfristige Auswirkungen der COVID-19-Krise erwartet, so bietet sie entsprechend die Chance, längst notwendige Veränderungen voranzutreiben und zum Positiven umzugestalten. Anleger haben die Chance, von diesem Wachstum zu profitieren. Zwar gab es schon vor COVID-19 ein wachsendes Bewusstsein für übermässige Flüge und deren Auswirkungen auf Emissionen und Umwelt; die Pandemie dürfte laut Barclays nun dafür sorgen, dass das Passagieraufkommen des Jahres 2019 erst wieder 2023 erreicht wird. Auch die Bedingungen im Zusammenhang mit staatlichen Hilfspaketen orientieren sich an einer grünen Agenda. So muss beispielsweise Air France Inlandflüge streichen, wenn es Bahnalternativen gibt, um von einem staatlichen Darlehen zu profitieren.
Virtueller Urlaub zu Hause
Während der Fahrradverkauf4 während der Pandemie einen regelrechten Boom erlebt hat, wurden Radurlaube abgesagt. Eine Alternative ist der digitale Urlaub von zu Hause. Seit dem Lockdown nutzen immer mehr Menschen virtuelle Angebote und erkunden die Welt virtuell vom Wohnzimmer aus. Heute kann man mit dem Rad durch das Zentrum von Bologna flitzen oder mit einer Gruppe joggen – dank Zwift, einer Trainingsapp, die wie eine Art Videospiel funktioniert.
In Zeiten der Reisebeschränkungen sehen sich viele nach einem Urlaub. Auf den Färöer Inseln ist das jetzt virtuell möglich – in Form von digitaler Besuchertouren. Reisebegleiter führen die Besucher in Echtzeit durch die Landschaft der Inseln und reagieren auf Anweisungen der Reiseteilnehmer zu Hause. Die virtuellen Tours sind über eine App zugänglich und kostenlos. Solche Angebote machen Begegnungen und Erfahrungen möglich – und eröffnen die Chance, dass Touristen einen authentischen Einblick in die Region erhalten und in Zukunft möglicherweise wiederkommen.
Hoffnungsschimmer: Rückkehr der Touristen
Italien hat besonders schwer unter der COVID-19-Pandemie gelitten. Am meisten getroffen hat es die Tourismusbranche. 13% des BIP werden im Tourismus erwirtschaftet. Der Tourismus sollte also schnellstmöglich wieder hochgefahren werden. Um ausländische Touristen ins Land zu locken, boten die sizilianischen Behörden Rabatte bis 50% auf Flugtickets; Hotels konnten für ein Drittel des Preises gebucht werden; der Besuch von Museen und archäologische Stätten war kostenlos. Im März und April verzeichnete die Tourismusbranche einen Verlust von etwa EUR 1 Mrd. Daher wurde ein Fonds mit EUR 50 Mio. errichtet zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen. Ein Zeichen, dass das Land alles dafür tut, dass die Touristen wieder kommen. Kritiker werden jedoch bezweifeln, dass die Massnahmen vor dem Hintergrund immer grünerer Agendas und weniger Flugreisen langfristig nachhaltig sind.
Um ihre Tourismusbranche finanziell zu stärken, haben auch die Kanarischen Inseln5 ein Programm aufgelegt, das Touristen gegen eine Corona-Infektion kostenfrei versichern soll. Das Angebot gilt für spanische wie ausländische Touristen und beinhaltet zudem, dass medizinische Ausgaben ebenso bezahlt werden wie die Kosten für eine erforderliche Verlängerung des Aufenthalts aufgrund einer möglichen Quarantäne.
Sicherer und sauberer Reisen im Flugzeug
Der Luftfahrtsektor wurde infolge der Pandemie mit am stärksten getroffen: Tausende Stellenkürzungen wurden bereits bekannt gegeben6. Virgin Atlantic beantragte bei US-Gläubigern Insolvenzschutz, während Airbus das Tempo seiner Flugzeugproduktion verlangsamte7. Massnahmen, den Luftverkehr sicherer zu machen, sind von zentraler Bedeutung, damit die Menschen wieder fliegen können. In Seattle hat das Technologieunternehmen Teague ein Gerät entwickelt, das auf die Lüftungsöffnungen in den Kabinen passt, die Luftströmungen verbessert und somit die Verbreitung von Keimen minimiert. Das Gerät namens AirShield errichtet nach Angaben des Herstellers eine unsichtbare Barriere um die Passagiere – indem es die Atmungstropfen eines Passagiers in seinem eigenen Raum eindämmt, sodass die Nachbarn sie nicht einatmen. Noch ist das Gerät ein Prototyp., doch das fertige Projekt wird nach Angaben des Unternehmens ein 3D-gedrucktes Bauteil sein, das sich einfach installieren lässt.
Andere Massnahmen, um Flüge sicherer zu gestalten, konzentrieren sich darauf, den Mittelsitz in den Passagierreihen als Abstandhalter zu nutzen. Das Transport-Technologieunternehmen Universal Movement stellte ein Konzept für eine Trennwand vor, die sich auf dem Mittelsitz befindet und den Fenster- und Gangplatz trennt. Sie wird vorzugsweise aus demselben Material wie die vorhandenen Sitze hergestellt. Den Entwicklern zufolge ist das Wesentliche an der Idee, dass die Trennwand keine durchsichtige Scheibe ist – ein Pluspunkt in Sachen Komfort für die Passagiere.
Zudem gab es gemeinsame Anstrengungen des gesamten Luftfahrtsektors,8 um die CO2-Bilanz zu verbessern – Virgin serviert auf den Flügen weniger Fleisch, Palmöl und Soja, während Airbus Konzepte getestet hat, mit denen sich Emissionen durch weniger Luftwiderstand um 20% reduzieren lassen. Darüber hinaus verbannte Emirates Einwegkunststoffe aus seinen Flugzeugen und setzte Ziele zur Verringerung von Emissionen, zur Entwicklung saubererer Treibstoffe und zur Förderung der Elektrifizierung von Flugzeugen. Auch wenn diese Bemühungen ein klarer Schritt in eine positive Richtung sind, so sind viele dieser Ziele vom Emissionshandel abhängig. Die Herausforderung besteht darin, dass wir CO2-Emissionen reduzieren und nicht das, was wir ausstossen, durch den Schutz der Wälder oder die Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme kompensieren sollten.
Auswärtsessen im eigenen Zimmer
Die langsame Wiedereröffnung von Restaurants wird die Folgen von COVID-19 auf die Gastronomie seit Jahresbeginn nicht kompensieren können. Ein schwedisches Hotel kam nun auf eine Lösung für Essen mit Social Distancing, indem es seine Zimmer für Gäste geöffnet hat. Die Stadt in Lidkoping funktionierte ihre Zimmer zu privaten Speiseräumen um: Anstelle eines Tischs in einem Raum, bekommt der Gast einen privaten Raum mit einem Tisch. Bis zwölf Gäste können pro Raum bedient werden – zu einem Preis von GBP 25 für zwei Gänge.
Im Zuge der Pandemie ist auch das Hotelgeschäft mit Übernachtungsgästen lahmgelegt. Doch besondere Umstände verlangen besondre Lösungen und so wurden innovative Konzepte entwickelt, um die leeren Hotelzimmer sinnvoll zu revitalisieren. In Amsterdam transformierte Zoku seine Lofts zu Homeoffices um. Gegen eine Tagesgebühr konnten Gäste freie Hotelzimmer als ruhigen und sicheren Arbeitsort nutzen.
Akteure des Wandels
Gerade den Tourismus hat die COVID-19-Krise hart getroffen. Innovative Lösungen sind gefragt. Doch bietet sich jetzt die Chance, den Tourismus nachhaltig zu transformieren. Laut Pariser Abkommen müssen die Treibhausemissionen bis 2030 jedes Jahr um 7,6% reduziert werden. Wenn wir weitermachen wie vor der Krise, ist dieses Ziel unmöglich zu erreichen. Jetzt haben wir die Chance, Reisen und Tourismus grundlegend neu zu denken. Zahlreiche Unternehmen und Regierungen agieren bereits als Akteure des Wandels und testen innovative Möglichkeiten, um Probleme zu überwinden. In einer Welt, die sich fundamental verändert, ist es Zeit, eine Branche so neu aufzubauen, von der Umwelt wie Anleger gleichermassen profitieren.
1 https://www.independent.co.uk/news/uk/politics/coronavirus-pandemic-uk-domestic-tourism-industry-a9521686.html
2 https://www.businessinsider.com/coronavirus-before-and-after-photos-show-europe-landmarks-empty-2020-3?r=US&IR=T#after-again-the-scene-is-emptier-and-people-are-wearing-masks-8
3 https://www.standard.co.uk/lifestyle/travel/coronavirus-tourism-before-and-after-a4383506.html
4 https://www.ft.com/content/701599ae-4d64-4128-a56a-2b836a492216
5 https://www.independent.co.uk/travel/news-and-advice/canary-islands-coronavirus-insurance-tourists-holidays-tenerife-lanzarote-a9656751.html
6 https://www.theguardian.com/business/2020/aug/07/thousands-of-ba-staff-to-find-out-if-they-will-lose-jobs-due-to-covid
7 https://www.theguardian.com/business/2020/jul/30/airbus-slows-plane-making-covid-19-loss-aircraft-orders
8 https://www.irishtimes.com/business/innovation/how-airlines-are-working-to-reduce-their-co2-one-olive-at-a-time-1.4187942
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