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US-Dollar unter dem Einfluss von Wahlrisiken
Kernpunkte
- Unter dem Einfluss politischer Risiken könnte der US-Dollar in den kommenden Monaten zulegen.
- Das inländische Wachstum und Renditevorteile tragen zur Dollarstärke bei. Trotz einer gewissen Konvergenz zwischen dem Konjunkturausblick der USA und der übrigen Welt scheinen die Hürden für eine deutliche Abschwächung hoch.
- Eine Trump-Präsidentschaft könnte angesichts der Vorschläge für Zölle, Steuersenkungen und die Einwanderungspolitik den Dollar weiter unterstützen. Eine zweite Amtszeit Bidens und ein gespaltener Kongress könnten sich leicht negativ auf den Dollar auswirken.
- Die fiskalischen Risiken in den USA sind unserer Meinung nach für den Dollar überschaubar und unterstützen Gold. Wir halten an einem positiven Ausblick für den Dollar und am Dreimonatsziel für EURUSD von 1,04 fest, senken aber das Zwölfmonatsziel von 1,08 auf 1,06.
Politische Risiken werden in den kommenden Monaten ein wichtiger Faktor für den US-Dollar sein. Wir rechnen mit einer anhaltenden Stärke des Dollar gegenüber dem Euro und dem britischen Pfund und analysieren die zu erwartenden Folgen verschiedener Wahlausgänge in den USA und Frankreich.
Eine Phase erhöhter politischer Risiken, die in den US-Wahlen im November gipfelt, birgt die Gefahr von Volatilität an den Märkten. Zeiten der Ungewissheit begünstigen den US-Dollar, der tendenziell zulegt, wenn Anlegerinnen und Anleger Zuflucht vor dem Sturm suchen. Derzeit sind die Dollarpositionen der Anleger gering. Doch wir erwarten, dass sie aufgrund politischer Risiken in Europa und mit dem Näherrücken der US-Präsidentschaftswahl zunehmen. Dies dürfte dem Dollar insbesondere gegenüber dem Euro und dem britischen Pfund Auftrieb geben.
Sollte der zweite Wahlgang in Frankreich am 7. Juli zu einer Mehrheitsregierung unter Leitung der Rechtsaussen-Partei Rassemblement national oder zu einer Linksaussen-Mehrheitsregierung führen, könnte EURUSD näher bei 1,02 notieren; solche Mehrheitsregierungen entsprechen allerdings nicht unserem Basisszenario. Unser Dreimonatsziel für EURUSD beträgt 1,04. Im Falle der genannten Mehrheitsregierungen würden wir mit einer Umkehr der jüngsten Portfoliozuflüsse in die Eurozone rechnen. Auch eine Verschärfung der geopolitischen Spannungen würde dem Dollar Auftrieb verleihen.
Nach einigen Massstäben – und in den Augen von Donald Trump – ist der Dollar bereits stark. Im Vergleich zu einem Korb anderer Währungen notiert er nach wie vor höher als mehrheitlich während des vergangenen Jahrzehnts. Dieses Jahr war seine Widerstandsfähigkeit in einem positiven Marktumfeld bemerkenswert. Normalerweise neigt der Dollar dazu, bei guter Risikostimmung zu schwächeln und bei Anzeichen von Problemen zuzulegen.
Push- und Pull-Faktoren für den Dollar
Die Kapitalströme aus den USA in die übrige Welt sind ein wichtiger Faktor für die Dollarentwicklung. Niedrigere US-Zinsen verringern die Opportunitätskosten für das Halten von Vermögenswerten in den USA und werden zu einem Push-Faktor für Kapitalabflüsse. Zugleich können bessere Wachstumsaussichten im Ausland zu einem Pull-Faktor werden, der den Abfluss von Kapital aus den USA in andere Märkte fördert.
Die US-Zinsen sind die höchsten der G10-Staaten, und das dürfte in den nächsten zwei Jahren so bleiben. Damit dürfte die Hürde für Kapitalabflüsse hoch bleiben. Die Notenbanken der Eurozone, der Schweiz, Schwedens und Kanadas haben bereits mit Zinssenkungen begonnen, und das Vereinigte Königreich dürfte ihnen im August folgen. In den USA erwarten wir eine Zinssenkung nicht vor September. Selbst nach Abschluss dieser Zinssenkungszyklen schätzen wir den „neutralen“ Zinssatz in den USA auf etwa 3,5% und damit höher als in vielen anderen Industrieländern. Dies dürfte den Dollar unterstützen.
Vieles hängt von China ab
Sowohl für 2023 als auch für 2024 wurden die Konsensschätzungen für das US-Wachstum kontinuierlich nach oben korrigiert, während die Prognosen für die Eurozone und China schwach blieben. In früheren Zyklen war die Reflationspolitik Chinas ein wichtiger Treiber für bessere globale Wachstumsaussichten, doch dieses Mal ist diese Politik ausgeblieben.
Die Lücke zwischen dem US-Wachstum und dem globalen Wachstum wird kleiner, da sich Europa erholt und China sich etwas stabilisiert. Zugleich tragen mehrere strukturelle Stärken zur „Ausnahmeerscheinung USA“ bei, darunter ein Investitionsboom, eine steigende Produktivität und die Entwicklung zu einem Nettoenergieexporteur. Dies deutet darauf hin, dass der Dollar weniger teuer sein könnte als gemeinhin angenommen. Eine multipolare Welt mit stärkerem Wettbewerb und höheren Handelsschranken zwischen rivalisierenden Blöcken erweist sich vorerst ebenfalls als positiv für den Dollar.
Was könnte die Dollarstärke aufhalten?
Die Hürden für eine deutliche Dollarabschwächung sind hoch. Allerdings könnte die Veröffentlichung negativer US-Daten zu kurzfristigen Korrekturen führen. Sie ist auch ein Grund dafür, dass sich der Dollar jüngst in einer festen Spanne gegenüber dem Euro bewegt hat. Während wir nach wie vor eine sanfte Landung der amerikanischen Wirtschaft erwarten, könnte eine deutliche Herabstufung der US-Wachstumsprognosen den Dollar zunächst belasten. Gleiches gilt für eine deutliche Erholung des globalen Wirtschaftswachstums, die jedoch angesichts der glanzlosen Aussichten für China unwahrscheinlich ist. Ein weiterer belastender Faktor wäre ein starker Rückgang der Energiepreise, der unseres Erachtens ebenfalls ein begrenztes Risiko darstellt.
US-Wahlen und der Dollar
Der Ausblick für den Dollar nach November hängt natürlich vom Ausgang der US-Wahlen ab. Die Märkte beginnen bereits, potenzielle Folgen einzupreisen und die fiskalischen Risiken abzuwägen.
Im Falle einer zweiten Trump-Präsidentschaft, die immer wahrscheinlicher wird, rechnen wir mit einem stärker inflationären Umfeld und einem steigenden Dollar – dies aus drei Gründen. Der erste wäre die pauschale Verhängung von Zöllen auf alle US-Importe, die per Executive Order (Durchführungsverordnung) erfolgen könnte. Die Handelspartner würden einen Wettbewerbsnachteil erleiden, und die Währungen der Exportländer würden geschwächt. Wir schätzen, dass Zölle in Höhe von 10% die Inflation im Laufe eines Jahres um mindestens 1% ansteigen lassen könnten. Dies würde den Spielraum für Zinssenkungen im Jahr 2025 begrenzen.
Der zweite Grund wäre die Verlängerung bestehender Steuersenkungen, die das Wachstum ankurbeln würde, oder die Möglichkeit, neue Steuersenkungen zu beschliessen. Der dritte Grund schliesslich wäre eine strengere Einwanderungspolitik, die für einen anhaltend angespannten Arbeitsmarkt sorgen würde. Wir würden jeden Schritt, der die Unabhängigkeit der Fed unter einer Trump-Präsidentschaft einschränkt, als negativ für den Dollar ansehen.
Im Falle einer zweiten Amtszeit von Präsident Biden halten wir einen gespaltenen Kongress für wahrscheinlich, was ein eher neutrales bis negatives Szenario für den Dollar wäre. In diesem Fall sehen wir keine grösseren Veränderungen bei den Zöllen und Handelsspannungen. Die Fiskalpolitik würde voraussichtlich etwas weniger expansiv werden, wobei die Möglichkeit von Steuererhöhungen dem US-Wachstum etwas von seinem Glanz nehmen würde. Die Demokraten könnten auch mehr Massnahmen zur Kontrolle der Einwanderung anstreben, doch das Risiko eines Arbeitskräftemangels und inflationärer Effekte dürfte sich in Grenzen halten.
Bewertung fiskalischer und politischer Risiken
In anderen Ländern belasten politische und fiskalische Risiken die Währungen und Risikoanlagen. Französische Aktien haben unter der aktuellen politischen Unsicherheit gelitten. Das britische Pfund brach nach der Ankündigung ungedeckter Steuersenkungen im Vereinigten Königreich im September 2022 ein. Der Dollar zeigte sich bislang weitgehend immun, was Sorgen über die erbitterte Politik und die steigende Staatsverschuldung betrifft. Keine der beiden Parteien in den USA scheint bereit, Letztere in Angriff zu nehmen. Das Congressional Budget Office schätzt, dass sich das Staatsdefizit in diesem Steuerjahr gegenüber 2019 verdoppeln wird. Nächstes Jahr könnte es noch weiter steigen. Ins Gewicht fallen könnte dabei die Finanzierung anhaltender Steuergutschriften aus dem Inflation Reduction Act und des damit verbundenen Gesundheitsbudgets oder die von Präsident Trump im Jahr 2017 erlassenen Steuersenkungen.
Auswirkungen für Gold
In der Folge könnte die Nachfrage nach anderen Anlagen, die als sicherer Hafen gelten, steigen. Das ist aber nicht unbedingt ein entscheidender Faktor für den Dollar. Wir sehen einige mildernde Faktoren für die fiskalischen Risiken. Die Wachstumsrate der US-Wirtschaft übersteigt den Zinssatz auf US-Staatsschulden, sodass ein bescheidenes Haushaltsdefizit tragbar scheint. Das Leistungsbilanzdefizit hält sich weiterhin in Grenzen, und die Bilanzen der Unternehmen und Haushalte sind gesund. Die USA könnten auch die Steuern erhöhen, die im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt niedrig sind. In der Vergangenheit waren Ereignisse in der übrigen Welt für den Dollar von grösserer Bedeutung als die inländische Dynamik: Ein höherer Realzins in den USA gleicht auch die inländischen Risiken teilweise aus.
Längerfristig würden wir Bestrebungen von nicht mit den USA verbündeten Ländern, die eigene Abhängigkeit vom Dollar zu verringern, als einen unterstützenden Faktor für Gold betrachten. Aufgrund der Erhöhung der Goldreserven durch die Notenbanken dürfte der Goldpreis im kommenden Jahr in Richtung USD 2’600 pro Unze klettern. Die Tendenzen der „Entdollarisierung“ entwickeln sich jedoch nur langsam und müssen nicht zu einem Zusammenbruch des Dollar führen. Vorerst behält der Dollar sein Privileg als Weltreservewährung und seine dominierende Rolle im globalen Handel und Finanzwesen.
Da der Dollar nach wie vor eine renditestarke Zufluchtswährung ist und es kaum Anzeichen für einen Boom in anderen grossen Volkswirtschaften gibt, ist ein Engagement im Dollar sinnvoll; natürlich behalten wir die Risiken im Auge. Wir sehen den Euro-Dollar-Kurs in drei Monaten bei 1,04 und in zwölf Monaten bei 1,06. Wir gehen nicht von einer nennenswerten Abwertung des Dollar aus, die den Renditevorteil von auf Dollar lautenden Anlagen neutralisieren würde.
Wichtige Hinweise.
Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende.
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