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Ein neues Zeitalter für Private Credit – was heisst das für Anleger?
Private Bank
Kernpunkte
- Eine Verlagerung der Vergabe längerfristiger Kredite von Banken auf Asset-Manager und das Renditestreben der Anleger haben zu einem raschen Aufstieg von Private Credit geführt.
- Private Credit kann Anlegern Diversifizierung, geringe Volatilität sowie vorhersehbare und attraktive risikobereinigte Renditen bieten, besonders im aktuellen Umfeld mit höheren Zinsen.
- Angesichts eines schwächeren Wachstums und variabler Zinszahlungen werden mehr Kreditnehmer im Private-Credit-Segment unter Druck geraten, was höhere Ausfallquoten bei bestehenden Krediten bedeuten könnte. Die Recovery Rates waren jedoch in der Vergangenheit höher als bei öffentlich gehandelten Anleihen mit gleichem Rating.
- Für Investoren mit der Bereitschaft und Toleranz für illiquide Anlagen kann Private Credit eine wertvolle Ergänzung zu einem traditionelleren Anleiheportfolio sein.
Die Nachfrage nach Private Credit – also Darlehen von Nicht-Banken an Unternehmen, die nicht börsennotiert sind – ist explodiert. Grund dafür sind steigende Zinsen, der Rückzug von Banken aus der Unternehmensfinanzierung und das Streben der Anlegerinnen und Anleger nach Rendite. Wir beleuchten den rasanten Aufstieg der neuen Anlageklasse sowie die zugehörigen Risiken und fragen, was Private Credit Anlegern bieten kann.
Der Markt für Private Credit ist eines der wachstumsstärksten Kreditsegmente und eine sich rasch entwickelnde Anlageklasse. Seine Grösse hat sich seit 2015 mehr als verdoppelt. Laut Schätzungen der Ratingagentur Moody’s beläuft sich sein Wert inzwischen auf rund USD 1,3 Bio., was in etwa dem weltweiten Markt für Hochzinsanleihen entspricht.
Was ist Private Credit?
Private Credit umfasst ein breites Spektrum von Darlehen, die nicht auf einem offenen Markt ausgegeben oder gehandelt werden. Allgemein geht es dabei um Fremdfinanzierungen durch Nicht-Banken – wie Anlagefonds, Private-Equity-Manager und Vermögensverwalter – an nicht börsennotierte Unternehmen. Letztere können eine beliebige Grösse aufweisen sowie ein beliebiges Risiko, von „Investment Grade“ bis zu den niedrigsten „High Yield“-Ratings, wobei viele von ihnen kein offizielles Kreditrating haben. Der Grossteil des Private-Credit-Volumens dient kleinen bis mittelgrossen Unternehmen, die Buy-outs finanzieren wollen. Die durchschnittliche Kreditlaufzeit beträgt fünf bis sieben Jahre. In der Praxis werden die Kredite oft nach drei bis vier Jahren zurückgezahlt, wenn die Private-Equity-Eigentümer das Unternehmen verkaufen oder die Schulden refinanzieren.
Worauf beruht der Aufstieg von Private Credit? Trends in der Unternehmensnachfrage, die Risikobereitschaft der Banken, das Renditestreben der Anleger und steigende Zinsen – all diese Faktoren spielen eine Rolle. Nehmen wir den ersten Faktor: Viele Unternehmen sind für die „traditionellen“ Finanzierungsmärkte nicht geeignet. Vielleicht sind sie zu gross für bilaterale Bankkredite oder zu klein. Oder sie haben kein Kreditrating für die liquideren Kreditmärkte, einschliesslich breit angelegter Konsortialkredite und Hochzinsanleihen. Unter Umständen sind die Bedingungen auf diesen Märkten ungünstig für Neuemissionen, wie dies 2022 der Fall war. Des Weiteren könnte das Geschäftsmodell des Unternehmens komplex sein, oder das Unternehmen möchte die entsprechenden Informationen nicht verbreiten. Viele Unternehmen oder ihre Private-Equity-Eigentümer sind bereit, eine Prämie zu zahlen, um eine massgeschneiderte und flexible Schuldenstruktur mit einem einzelnen Kreditgeber oder einer kleinen Gruppe spezialisierter Kreditgeber zu entwickeln. Ebenso sind sie interessiert, eine schnelle Finanzierungsentscheidung zu erhalten und einen Kredit zu bekommen, der nicht von der Marktstimmung abhängt.
Banken ziehen sich zurück, Asset-Manager übernehmen
Zugleich haben sich die Banken aufgrund der strengeren Eigenkapitalvorschriften, die nach der weltweiten Finanzkrise von 2007/2008 eingeführt wurden, aus der „risikoreicheren“ Unternehmensfinanzierung zurückgezogen. Jüngste Vorschläge für neue Kapitalvorschriften in den USA könnten diesen Trend verstärken. Manager von Mainstream- wie auch von alternativen Anlagen springen zunehmend in die Bresche. Dieses Jahr bot Private Credit für das Private-Equity-Geschäftsmodell eine willkommene Diversifizierung in einem schwierigen Umfeld für Deals und Börsengänge. Es gibt sogar Synergien, da der Schwerpunkt auf der Bewertung der Marktfähigkeit und der Schwächen eines Unternehmens liegt. Auch kann die Due Diligence für ein Unternehmen manchmal wiederverwendet werden.
Langfristige Perspektive
Für Anleger bietet Private Credit gegenüber Unternehmensanleihen mit gleichem Rating einen Renditevorteil, der teilweise die Illiquidität kompensiert. In den letzten Jahren konnten Anleger von steigenden Zinsen profitieren, denn Private Credit wird in der Regel variabel verzinst. Da Private Credit gewöhnlich nur vierteljährlich zum Marktwert bewertet wird, ist die Preisvolatilität niedrig. Die Beleihungsquoten für Direktkredite liegen im Allgemeinen unter 40% bis 50%. Die Renditen korrelieren nicht mit den Bewegungen des Anleihemarkts und der Marktstimmung, sodass sie in Portfolios Diversifizierung und Stabilität bieten können. Zusätzlich zu den Kupons profitieren die Anleger gegebenenfalls von Strukturierungsgebühren und weiteren Zahlungen, wenn das Unternehmen beschliesst, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen.
Die mehrjährige Laufzeit von Private Credit kommt langfristigen Anlegern wie Pensionsfonds, Versicherern und Staatsfonds entgegen. Sie schätzen die im Vergleich zu Liquidität hohen und stabilen Renditen (in der Regel Nettojahresrenditen nach Managementgebühren von 8% bis 10%; bei fremdfinanzierten Private-Credit-Fonds höher). Eine im April 2023 von BlackRock durchgeführte Umfrage unter institutionellen Anlegern ergab, dass mehr als die Hälfte der Befragten eine Erhöhung der Private-Credit-Allokationen plant. Auch Nischenstrategien für Private Credit legen zu – darunter Deals, bei denen die Zinsen reduziert werden, wenn der Kreditnehmer vorab definierte Nachhaltigkeitsziele erfüllt.
Natürlich belastet ein Umfeld mit höheren Zinsen und rückläufigem Wachstum die freien Cashflows der Unternehmen und sollte allen Aktien- und Kreditanlegern zu denken geben. Die Nachfrage nach Private Credit hat sich jüngst verlangsamt. Laut dem Beratungsunternehmen Deloitte fiel die Zahl der Private-Credit-Deals in Europa im zweiten Quartal 2023 auf den niedrigsten vierteljährlichen Stand seit 2020. Die Zahlungsausfälle von Unternehmen werden zweifellos zunehmen; Moody’s geht davon aus, dass die Ausfallrate bei Hochzinsanleihen im ersten Quartal 2024 einen Höchststand von 4,7% erreicht.
Doch aufgrund der strengeren Vertragsbedingungen und der grösseren Wahrscheinlichkeit, auf bilateralem Weg Lösungen zu finden, erwarten wir eine niedrigere Ausfallrate als bei Krediten mit gleichem Rating am öffentlichen Markt. Zudem gehen wir von einer höheren Erlösquote (Recovery Rate) für den Gläubiger aus. In der Vergangenheit waren die Recovery Rates für Private Credit wesentlich höher als für Hochzinsanleihen. Private Credit ist gewöhnlich vorrangig besichert. Entsprechend haben Kreditgeber als Erste Anspruch auf die Vermögenswerte des Unternehmens und sind gut positioniert, wenn es darum geht, eine Restrukturierung auszuhandeln.
Risikostreuung
Könnte die Verlagerung der Kreditvergabe von Banken auf weniger regulierte „Schatten-Kreditgeber“ breitere, systemische Risiken mit sich bringen? In Europa wurde die Anlageklasse nicht in diesem Umfang in einem grösseren Abschwung getestet. Daten über Vertragsdetails und Ausfalltrends bei Private Credit sind nicht allgemein verfügbar. Ein Ökosystem, in dem die Private-Equity- und Kreditabteilungen von Unternehmen bei denselben Deals investieren bzw. Kredite vergeben, hat für Stirnrunzeln gesorgt. Doch der Aufstieg von Private Credit kann die Systemrisiken verringern: Ein Teil der Vergabe längerfristiger Kredite wird auf längerfristig orientierte Investoren verlagert, statt bei Banken zu verbleiben, die von kurzfristigen Einlagen abhängig sind und Bank Runs ausgesetzt sein können.
Die Illiquidität von Private Credit kann für einige Anleger ein Hindernis sein. Die Sekundärmärkte für die Anlageklasse sind erst im Entstehen begriffen, und Positionen lassen sich unter Umständen kaum oder gar nicht verkaufen. Aber für Anleger mit entsprechender Risikotoleranz und langfristigem Zeithorizont kann Private Credit eine wertvolle Ergänzung für Private-Assets-Engagements und Anleiheportfolios sein. Denn Private Credit kann stabile und attraktive risikobereinigte Renditen, eine niedrige Volatilität und Diversifikation bieten. Wie bei anderen Private Assets und angesichts der Bedeutung einer rigorosen Due Diligence ist die Auswahl guter Fondsmanager und die Diversifizierung über Regionen und Sektoren hinweg zentral.
Wichtige Hinweise.
Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende
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