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    Japans Weg zur Normalisierung der Geldpolitik

    Japans Weg zur Normalisierung der Geldpolitik
    Stéphane Monier - Chief Investment Officer<br/> Lombard Odier Private Bank

    Stéphane Monier

    Chief Investment Officer
    Lombard Odier Private Bank

    Kernpunkte

    • Die Wirtschaft Japans scheint relativ robust. Dies gibt der BoJ die Gelegenheit, ihre seit 2016 bestehende Zinskurvenkontrolle zurückzunehmen.
    • Die geldpolitische Entwicklung hängt von der Binnennachfrage ab, die wiederum davon bestimmt wird, ob die Löhne mit der Inflation Schritt halten. Die Lohnverhandlungen werden aufmerksam beobachtet werden.
    • Unseres Erachtens wird die BoJ als Nächstes den kurzfristigen Zinsausblick stärken und die Zinskurvenkontrolle beenden. Per April wird ein neuer Notenbankgouverneur ernannt.
    • Wir sind darauf ausgerichtet, von einer steigenden Binnennachfrage in Japan zu profitieren, die Aktien von kleineren und mittleren Unternehmen zugutekäme. Der Yen dürfte nach unseren Schätzungen anziehen und Ende 2023 bei rund USDJPY 120 notieren.

    Die Aussichten für die Wirtschaft verbessern sich, sodass Japan im Jahr 2023 das Wachstum in den USA und Europa übertreffen könnte. Das Land steuert allmählich auf eine Normalisierung der Geldpolitik zu. Trotzdem überraschte die Bank of Japan (BoJ) die Märkte, schickt sich doch der scheidende Notenbankgouverneur an, eine seit über sechs Jahren verfolgte Strategie zu ändern. Wir analysieren, wie es mit der drittgrössten Volkswirtschaft der Welt weitergeht.

    Die japanische Wirtschaft scheint relativ robust. Sie ist von der Inflation, dem Krieg in der Ukraine und der Volatilität an den Energiemärkten weniger betroffen als Europa und die USA. Ihr grösster Exportmarkt, China, öffnet sich wieder. Dies dürfte für weiteren Auftrieb sorgen. Wir rechnen mit einem Wachstum des japanischen Bruttoinlandsprodukts von 1,6% im Jahr 2023. Die durchschnittliche Verbraucherpreisinflation dürfte 2,5% erreichen, da die Stromtarife deutlich angehoben werden. Damit liegt die Teuerung markant über den Konsensschätzungen des Markts und bereits im zweiten Jahr in Folge über dem Ziel der Notenbank.

    Wir rechnen mit einem Wachstum des japanischen Bruttoinlandsprodukts von 1,6% im Jahr 2023. Die durchschnittliche Verbraucherpreisinflation dürfte 2,5% erreichen

    Das Wirtschaftswachstum Japans wird jedoch hauptsächlich von der Verbrauchernachfrage getragen. Daher hängt viel davon ab, ob die Löhne mit der Inflation Schritt halten, die nach japanischen Standards ausserordentlich hoch ist. Nach zwei Jahrzehnten mit einem geringen Einkommenswachstum reagieren die japanischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer empfindlich auf steigende Preise. Entsprechend werden die im Februar/März beginnenden jährlichen Lohnverhandlungen („Shunto“) in der Industrie aufmerksam beobachtet. Der grösste Gewerkschaftsbund Japans forderte im November eine Lohnerhöhung von insgesamt 5% (Anhebung des Basislohns um 3% plus weitere 2% für erfahrenere Arbeitskräfte). Die ersten Forderungen werden jedoch in der Regel zurückgeschraubt. Die japanische Modemarke Uniqlo kündigte unterdessen an, die Löhne ab März um durchschnittlich 15% anzuheben. Eine Lohnerhöhung um 3% – die höchste seit Jahren – ergäbe ein Gehaltswachstum auf dem Niveau, das die BoJ im Jahr 2022 als ausreichend für eine moderate und nachhaltige Inflation bezeichnete. Die Ergebnisse der ersten Verhandlungsrunde werden im März bekannt gegeben. Sie werden erste Anhaltspunkte für die Entwicklung der Arbeitslöhne in diesem Jahr liefern.

    Das Wirtschaftswachstum Japans wird hauptsächlich von der Verbrauchernachfrage getragen. Daher hängt viel davon ab, ob die Löhne mit der Inflation Schritt halten, die nach japanischen Standards ausserordentlich hoch ist

    Die Überraschung der BoJ vom Dezember

    Im Zuge einer sehr niedrigen Inflation war die Geldpolitik in Japan seit über sechs Jahren extrem expansiv. Im September 2016 begann die BoJ auch mit der „Zinskurvenkontrolle“: Sie legte das Renditeziel für zehnjährige japanische Staatsanleihen (JGBs) bei 0% fest – mit einer Toleranzbandbreite von plus oder minus 0,1 Prozentpunkten. In den folgenden Jahren weitete die Notenbank diese Toleranzspanne nach und nach auf ±0,5 Punkte im Dezember 2022 aus. Die Märkte hatten Mühe, diese Veränderungen vorherzusehen. Dies galt insbesondere für die Einführung der Zinskurvenkontrolle und die jüngste Ausweitung der Bandbreite.

    Den überraschenden Schritt der BoJ vom Dezember betrachteten die Märkte als Signal für den Übergang zu einer weniger expansiven Geldpolitik. Nun wird spekuliert, dass die BoJ die Verteidigung eines bestimmten Renditeniveaus für zehnjährige JGBs ganz aufgeben will. Wie der nächste geldpolitische Schritt genau aussehen wird, ist jedoch nach wie vor ungewiss. Im Januar waren die Marktteilnehmer wiederum überrascht, dass die BoJ an ihrer Sitzung keine Massnahmen beschloss. Der Führung der BoJ bereitet diese Unberechenbarkeit offenbar keine Sorge. „Keine Notenbank sagt dem Markt vor einer geldpolitischen Sitzung, was sie tun wird“, erklärte Haruhiko Kuroda am 18. Januar. „Es ist nicht nötig, dass die Notenbanken und der Markt genau das Gleiche denken.“

    Die Zinskurvenkontrolle der BoJ wurde als technische Ergänzung der Negativzinspolitik eingeführt. Im Laufe der Zeit rief sie jedoch sowohl bei der Notenbank als auch bei der Regierung erhebliches Unbehagen hervor. Sie verstärkte die Bewegungen am Devisenmarkt in Zeiten, da die globalen Anleiherenditen schwankten. Die BoJ hat zugesichert, die „Obergrenze“ des Toleranzbands für die Zinskurvenkontrolle zu halten. Daher ist sie gezwungen, grosse Mengen an JGBs zu kaufen, wenn ein Ausverkauf an den Anleihemärkten die Renditen über dieses Niveau zu treiben droht. Die prozyklische Natur dieser Politik zeigte sich im Jahr 2022. Damals musste die Bank unbegrenzte Mengen an Liquidität in den Anleihemarkt des Landes pumpen, obwohl der Yen so stark abwertete wie nie zuvor.

    Wenn es einen guten Zeitpunkt zur Aufgabe der Zinskurvenkontrolle der BoJ gibt, dann dürfte das jetzt sein. Der logische nächste Schritt entspricht auch unserem Basisszenario: Die BoJ stärkt ihren kurzfristigen Zinsausblick und hebt die Zinskurvenkontrolle auf. In diesem Fall überliesse sie es, wie andere Notenbanken auch, den Märkten, den Preis für langfristige Staatsanleihen auf Basis der kurzfristigen Zinsen zu bestimmen. Sie könnte aber auch andere Formen der Lockerung ins Auge fassen: Sie könnte statt des Renditeziels für zehnjährige Anleihen ein Ziel für fünfjährige Anleihen festlegen, die Bandbreite für die zehnjährige Rendite ausweiten oder die Obergrenze flexibler handhaben. Im aktuellen Umfeld wäre es sinnvoll, die Renditekurve nur dann wieder auszuweiten, wenn der Aufwärtsdruck auf die Anleiherenditen deutlich nachlässt. Andernfalls würde die Notenbank die Bandbreite möglicherweise nur ausweiten, um die neue Obergrenze erneut mit unlimitierten JGB-Käufen zu verteidigen. Dies ist seit ihrer Entscheidung vom Dezember der Fall, als sie die Bandbreite bei ±0,50% festlegte.

    Wenn es einen guten Zeitpunkt zur Aufgabe der Zinskurvenkontrolle der BoJ gibt, dann dürfte das jetzt sein

    Somit wird der „Normalisierungskurs“ der BoJ wahrscheinlich die Aufhebung der Zinskurvenkontrolle umfassen. Darauf dürfte eine konventionellere Steuerung der Erwartungen an die kurzfristigen Zinsen folgen. Diese würde wiederum von der Entwicklung der Inflation und der Löhne abhängen. Vor April erwarten wir keine Veränderung. Dann endet sowohl das Fiskaljahr als auch die Amtszeit von Haruhiko Kuroda. Ein früherer Schritt könnte enorme Schwankungen bei den Bewertungen der JGB-Bestände von grossen Anlegern wie Pensionskassen und Finanzinstituten auslösen. Wenn sich weiterhin eine Inflation auf oder über dem Zielwert abzeichnet, könnte die BoJ ihre Negativzinspolitik beenden. Dies wird aber so bald nicht der Fall sein. Wir halten eine Anpassung der kurzfristigen Zinsen in diesem Jahr nach wie vor für unwahrscheinlich.

    Wenn sich weiterhin eine Inflation auf oder über dem Zielwert abzeichnet, könnte die BoJ ihre Negativzinspolitik beenden. Dies wird aber so bald nicht der Fall sein

    Anstehender Wechsel an der Spitze der BoJ

    Wie sich die Geldpolitik der BoJ weiterentwickelt, ist schwer vorherzusehen, da die zehnjährige Amtszeit von Gouverneur Kuroda im März 2023 endet. Bisher werden regelmässig zwei Personen genannt, die an der Sitzung der BoJ im April die Nachfolge von Kuroda antreten könnten: der stellvertretende Gouverneur Masayoshi Amamiya oder sein Vorgänger Hiroshi Nakaso. Neuerdings ist auch ein dritter Kandidat im Gespräch: Hirohide Yamaguchi. Auch er ist ein ehemaliger stellvertretender Gouverneur. Hirohide Yamaguchi nimmt eine eindeutig restriktivere Haltung ein. Er ist als Kritiker der geldpolitischen Impulse der BoJ bekannt. Insbesondere warnte er, dass die inländischen Inflationserwartungen sich verfestigen und die Löhne und langfristigen Zinsen nach oben treiben könnten. Letzten Monat warnte Hirohide Yamaguchi, dass es gefährlich wäre, die Zinskurvenkontrolle in einem einzigen Schritt aufzuheben. Er hält es für sinnvoller, das Ziel für die zehnjährige Rendite allmählich zu erhöhen. Wir sehen Masayoshi Amamiya als wahrscheinlichsten Nachfolger von Haruhiko Kuroda an. Er würde Kontinuität vermitteln. Die BoJ könnte auch eine stellvertretende Gouverneurin ernennen. Damit könnte sie der Kritik an der mangelnden Geschlechterdiversität unter den Spitzenkandidaten begegnen.

    Die erste Sitzung des nächsten Notenbankgouverneurs findet nach dem Abschluss der nationalen Lohnverhandlungen statt. Wer auch immer die Nachfolge von Haruhiko Kuroda antritt, steht vor schwierigen Entscheidungen: Die Zinskurvenkontrolle der Notenbank ist politisch unbeliebt. Sie hat zur Schwächung des japanischen Yen beigetragen und damit die importierte Inflation angeheizt. Der neue Notenbankchef wird von Premierminister Fumio Kishida ernannt. Unabhängig davon, welcher Kandidat die Nachfolge von Haruhiko Kuroda antritt, erwarten wir, dass die BoJ letztlich die ausserordentlichen geldpolitischen Impulse zurücknehmen und die Zinskurvenkontrolle aufheben wird.

    Devisenmärkte, Aktien

    2022 wurden japanische Aktien durch die Abschwächung des Yen und wettbewerbsfähigere Exporte unterstützt. In diesem Jahr rechnen wir jedoch mit einer Aufwertung des Yen gegenüber dem US-Dollar. Unseres Erachtens wird das Währungspaar USDJPY, das sich derzeit bei 130 bewegt, Ende 2023 bei rund 120 notieren. Die US-Notenbank fährt das Tempo der Zinserhöhungen zurück, während die BoJ die Geldpolitik strafft. Der Yen profitiert auch von der Verbesserung der Terms of Trade der japanischen Wirtschaft. Er erscheint zunehmend als attraktive Alternative zum US-Dollar.

    Der Yen erscheint zunehmend als attraktive Alternative zum US-Dollar

    Eine Veränderung der Dynamik des Yen wird sich auf die Märkte auswirken: Aus dem Rückenwind für japanische Aktien wird 2023 ein Gegenwind. Daher bevorzugen wir Marktsegmente, die stärker auf die Binnennachfrage ausgerichtet sind als auf Exporte. Im November 2022 haben wir unser Engagement in japanischen Aktien von Titeln mit grosser Marktkapitalisierung (Large Caps) in Werte mit kleiner und mittlerer Marktkapitalisierung (Small Caps und Mid Caps) umgeschichtet. Letztere dürften stärker von den verbesserten Wachstumsaussichten Japans profitieren. Eine Belebung des Auslandstourismus und ein stärkerer Yen, der die Kosten von Importen verringern würde, kämen ihnen ebenfalls zugute. Insbesondere bevorzugen wir Regionalbanken, Immobilien, Transport, Freizeit, Nicht-Basiskonsumgüter sowie Anbieter von Internetdienstleistungen und -inhalten.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

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