investment insights
Kann die Technologie der weisse Ritter der Nachhaltigkeit sein?
Lombard Odier Private Bank
Kernpunkte
- Technologieunternehmen werden die Nachhaltigkeitswende massgeblich vorantreiben, indem sie die Effizienz der von uns genutzten Materialien und Dienstleistungen erhöhen
- Die Energiewende wird technologische Fortschritte erfordern; Technologie kann zudem die Integration in Bereichen wie Finanzdienstleistungen, Landwirtschaft, Bildung und Gesundheitswesen verbessern
- Der verstärkte Einsatz von Elektrogeräten, aber auch Elektroschrott und energieintensive Blockchain-Technologien werfen eigene Umweltprobleme auf
- Wir bewerten die Ausrichtung und Widerstandsfähigkeit von Investitionen im Hinblick auf die Nachhaltigkeitswende und lancieren Strategien, um das Aufwärtspotenzial dieser Wende zu nutzen; zudem finanzieren wir grüne Investitionen in Lösungen, die sich in der Frühphase befinden oder ausgereift sind und in grösserem Stil entwickelt werden müssen.
Technologieaktien haben es derzeit schwer. Der technologielastige Nasdaq ist seit Jahresbeginn um 25% gefallen. Blickt man über die zyklischen Bedenken hinaus, kommt der Technologie jedoch eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitswende zu. Für Anlegerinnen und Anleger wird es entscheidend sein, Wege zu finden, um an dieser Entwicklung zu partizipieren.
Die Nachhaltigkeitsherausforderung ist enorm. Die Emissionen müssen bis 2030 halbiert werden. Die Produktion von sauberem Wasserstoff muss jedes Jahr um das Siebenfache steigen, damit die Netto-Null-Ziele erreicht werden.1 In den nächsten acht Jahren müssen wir 20% der landwirtschaftlichen Flächen renaturieren und gleichzeitig eine wachsende Bevölkerung ernähren. Unsere Wirtschaft entwickelt sich von einem „Take-make-waste“-Modell zu einem kreislauforientierten, effizienten, integrativen und sauberen Modell (sog. CLIC®-Modell: Circular, Lean, Inclusive, Clean). Dazu müssen sich die Systeme, Prozesse und die Produktivität ändern. Die derzeit hohen Lebensmittel- und Energiekosten wirken als Katalysator. Innovation wird zentral sein. Und die Technologie wird in der gesamten Wertschöpfungskette eine wesentliche Rolle spielen.
Um die Herausforderung zu meistern, müssen wir unsere Energieproduktivität verbessern. Dazu müssen wir unseren Energiemix umstellen und die Effizienz der von uns verwendeten Materialien und Dienstleistungen erhöhen. Zwar produzieren Technologieunternehmen selbst keinen umweltfreundlicheren Strom, Zement oder Stahl. Doch sie tragen entscheidend zu Effizienzsteigerungen bei, mit denen sich sowohl Kosten als auch Ressourcen einsparen lassen. Computermodellierung, Robotik und 3D-Druck können eine ressourcenschonendere Produktion unterstützen. Drohnen und fortschrittliche Bildanalyse können Unternehmen helfen, Emissionen zu messen und Lecks aufzuspüren. Vernetzte Sensoren und Blockchain-Technologien wiederum können die Produktions- und Lieferketten optimieren.
Viele Branchen setzen Software, Elektronik, Chips und Cloud Computing bereits auf diese Weise ein, was den Technologieunternehmen strukturelle Wachstumsimpulse verleiht. Die Verlagerung von firmeneigenen Servern in die Cloud kann nach Schätzungen des Beratungsunternehmens Accenture die CO2-Emissionen um rund 60 Millionen Tonnen pro Jahr verringern2 und die IT-Kosten um 30% bis 50% senken3. Luftfahrt-, Bau- und Automobilindustrie verwenden Software, um Kräfte zu modellieren und neue Produkte zu visualisieren. Versicherer nutzen Blockchain-gestützte intelligente Verträge, um afrikanischen Landwirten Klimaversicherungen anzubieten. Supermärkte setzen Prognosen ein, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basieren, um Bestellungen und Lieferungen besser auf die Nachfrage abzustimmen. Die Präzisionslandwirtschaft senkt den Düngemittelverbrauch durch einen gezielteren Einsatz; vertikale Farmen, die mit internetfähigen Sensoren und Automatisierung arbeiten, verbrauchen unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 95% weniger Wasser als herkömmliche Farmen4. Effizienzsteigerungen beschränken sich nicht auf Produkte: Technologieunternehmen tragen auch entscheidend zu effizienteren Dienstleistungen bei. Hier erfolgt der Effizienzgewinn über Plattformen, welche die Sharing Economy unterstützen, z.B. durch das Vermieten teurer Gegenstände und den Verkauf gebrauchter Kleidung.
Digitalisierung und Dematerialisierung könnten folglich wichtige Triebkräfte für die Effizienz von Produkten und Dienstleistungen sein. In einigen Bereichen haben diese Trends nicht nur zur Senkung der Emissionen beigetragen. Sie haben auch bereits zu enormen Kursgewinnen geführt und die Grenzen zwischen Technologie und anderen Sektoren verwischt: Autos im Fall von Tesla und Einzelhandel im Fall von Amazon. Darüber hinaus spielen Technologieunternehmen eine weniger offensichtliche Rolle bei der Umstellung auf Netto Null, indem sie den Energiemix optimieren. Solarmodule und Windturbinen stützen sich auf eingebaute Sensoren, und der Halbleiteranteil von Elektrofahrzeugen ist etwa doppelt so hoch wie bei nicht elektrischen Autos. Im Gegensatz zu Systemen, die auf fossilen Brennstoffen basieren, benötigt erneuerbare Energie mit dem Internet verbundene intelligente Netze (Smart Grids), um den Energiefluss zu steuern und die Ressourcen zu optimieren. Die Energiewende wird auch enorme Verbesserungen bei der Batteriespeicherung, der Langzeitspeicherung von Energie und der Produktion von grünem Wasserstoff erfordern. Die Fortschritte werden oft von Tech-Start-ups vorangetrieben und sind in der Regel nicht linear: Die heutige Verbreitung von Elektrofahrzeugen und erneuerbarer Energie war vor zwanzig Jahren noch undenkbar. Als Nächstes könnten sich die Kosten für die Wasserstoffherstellung verringern.
Befürchtungen, wonach der technologische Fortschritt zum Verlust von Arbeitsplätzen führen könnte, sind weit verbreitet. Zugleich kommt Technologieunternehmen eine wichtige Rolle zu, wenn es darum geht, die Nachhaltigkeitswende gerechter zu gestalten. Effizientere Produkte und Dienstleistungen und die zunehmende Erschwinglichkeit von vernetzten Geräten und Systemen könnten vor allem Entwicklungsländern zugutekommen – in so unterschiedlichen Bereichen wie Landwirtschaft, Abwassersysteme, Gesundheitswesen, Finanzen und Bildung. So tragen etwa Apps für den mobilen Zahlungsverkehr zu integrativeren Finanzdienstleistungen bei. Ein weiteres Beispiel ist eine von einem KI-Unternehmen entwickelte Plattform. Diese kann Dengue-Fieber-Ausbrüche drei Monate im Voraus mit einer Genauigkeit von 81% bis 84% vorhersagen und wurde in Malaysia, den Philippinen und Brasilien getestet.
Kapitalkräftige Techgiganten engagieren sich in der Finanzierung von Technologien in der früheren oder mittleren Entwicklungsphase: Alphabet, Meta Platforms, Shopify und Stripe investieren zusammen mit der Gates-Stiftung in einen neuen Frontier Fund, um Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung zu fördern5. Mit ihren kapitalschonenden Modellen sind Technologieunternehmen den Risiken des Klimawandels oft nur geringfügig ausgesetzt. Nach unseren Schätzungen, die wir mit unserem Technologiepartner Systemiq berechnet haben, liegt der Median der CO2-Investitionsquote für Software- und Dienstleistungsunternehmen bei 50 Tonnen CO2-Emissionen pro investierter Million US-Dollar, verglichen mit über 3’000 tCO2e/Million USD für Öl- und Gasunternehmen. Dennoch braucht es hier eine entsprechende Analyse. Viele kleinere Unternehmen veröffentlichen weder Emissionen noch andere wichtige Nachhaltigkeitsdaten. Des Weiteren sind heute elektrische Geräte für 27% der von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich6, und Blockchain-Technologien können sehr energieintensiv sein. Ein weiteres grosses Problem ist der Elektroschrott: Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge wurde bisher weltweit Elektronik im Wert von USD 60 Mrd. weggeworfen. Eine einzige E-Mail hat ungefähr den gleichen CO2-Fussabdruck wie eine kleine Plastiktüte.
Doch trotz des Preises der digitalen Revolution für die Umwelt fragen sich die Anleger nun, ob die Technologie uns helfen kann, die Klimakrise zu bewältigen. In unserer aktuellen Anlagepositionierung bevorzugen wir Qualitäts- gegenüber Wachstumswerten. Wir halten Ausschau nach Qualitätsunternehmen, die gut positioniert scheinen, um ihre Margen aufrechtzuerhalten, einen soliden Cashflow erwirtschaften sowie eine geringe Verschuldung und vorhersehbare Gewinne aufweisen. Strukturell könnte die entscheidende Rolle von Technologieunternehmen darin bestehen, die Integration von Lösungen branchenübergreifend zu erleichtern und voranzutreiben. Um Technologie-Investitionen in ein nachhaltiges Portfolio zu integrieren, verfolgen wir einen dreifachen Ansatz: Erstens bewerten wir die Ausrichtung und Widerstandsfähigkeit von Investitionen im Hinblick auf die Nachhaltigkeitswende. Zweitens lancieren wir Strategien, die das Aufwärtspotenzial dieser Wende nutzen. Drittens finanzieren wir grüne Investitionen in Lösungen, die sich in der Frühphase befinden oder ausgereift sind und in grösserem Stil entwickelt werden müssen; Ziel dabei ist zu vermeiden, dass eine „Green Premium“ – ein Preisaufschlag für grüne Produkte – die Kosten erhöht. Auf die beschriebene Weise kann die Technologie genutzt werden, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, das Klimarisiko zu verringern und die Anlageperformance zu steigern.
1 Hydrogen for net zero, Hydrogen Council und McKinsey, November 2021.
2 The Green Behind the Cloud, Accenture, September 2020.
3 Quelle: OpsRamp 2020 Survey, The Emergence of Cloud-First Enterprises.
4 Quelle: Aerofarms.
5 Frontier (frontierclimate.com).
6 Quelle: Bill Gates, How to Avoid a Climate Disaster.
Wichtige Hinweise.
Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende
teilen.