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    Technologie gegen toxische Luft: So beseitigt die aufstrebende Schweizer Firma Daphne Technology Schadstoffe

    Technologie gegen toxische Luft: So beseitigt die aufstrebende Schweizer Firma Daphne Technology Schadstoffe

    Die Energiewende erfordert Realismus, aber auch Idealismus. Diese Ansicht vertritt Daphne Technology, ein Schweizer Scale-up-Unternehmen, das Deep-Tech-Lösungen für den Klimaschutz entwickelt. Diese Lösungen leisten einen Beitrag zur Dekarbonisierung einiger der schmutzigsten Industriezweige.

    Diese Mission beschäftigt den Gründer und CEO von Daphne, Mario Michan, seit er mit 18 Jahren als dritter Maat auf Schiffen der kolumbianischen Marine arbeitete. Zu seinen Pflichten gehörte es sicherzustellen, dass sein Schiff den Vorschriften zur Luftreinhaltung entsprach. Mit diesen Bestimmungen war er auch während seines PhD-Studiums in Physik und seines MBA-Studiums an der INSEAD in Paris beschäftigt.

    Daphne entstand als Spin-off während Mario Michans Zeit als Forscher an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL). Die Philosophie des Unternehmens: Lösungen für die Probleme von heute entwickeln. Die Schifffahrt und andere Bereiche der Schwerindustrie können noch nicht auf fossile Brennstoffe verzichten. Und das könnte auch noch Jahrzehnte so bleiben. Doch Daphne will diese Unternehmen weder verurteilen noch schlechtreden, sondern hat sich entschieden, sie zu unterstützen. Die Auswirkungen dieser Industriezweige auf die Umwelt zu minimieren ist für alle das Beste, sagte Mario Michan in einem Interview, das wir kürzlich mit ihm führten.


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    Daphne unterstützt Unternehmen, den Weg zu Netto-Null schneller zu bewältigen. Könnten Sie beschreiben, was Daphne genau tut?

    Wir entwickeln bahnbrechende technologische Lösungen, die die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die Gesundheit der Menschen, auf die Umwelt und auf die Weltwirtschaft mindern. Sie beseitigen giftige Schadstoffe wie Methan und Schwefeloxide aus Abgasen, die bei industriellen Prozessen entstehen.

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    Unsere Kundenunternehmen kommen aus energieintensiven Industriezweigen wie der Schifffahrt, in denen die Minderung von Treibhausgasemissionen sehr schwierig sein kann. Unsere patentgeschützte Technologie ermöglicht ihnen genau das, und zwar im Einklang mit den strengen Umweltauflagen. Unsere Lösungen sind modular und skalierbar und lassen sich dadurch an alle möglichen Bedürfnisse unserer Kunden anpassen. Ausserdem adaptieren wir Lösungen, die wir ursprünglich für den Schifffahrtssektor entwickelt haben, sodass sie bald auch für Industrien an Land verfügbar sind.

     

    Wie kam es zur Gründung von Daphne Technologies und was hat Sie dazu motiviert?

    Daphne wurde 2018 ein aktives Start-up und sicherte sich 2020 Finanzierungsmittel von Investoren sowie Unterstützung im Rahmen des Programms «Horizon 2020» der EU. Die Idee für das Unternehmen stammt aus meiner Zeit in der kolumbianischen Marine. Die entscheidende Idee für die Technologie hatte ich aber erst 2015, als ich Wissenschaftler am CERN war. Weitere Entwicklungen folgten, als ich an der EPFL studierte und das Konzept eines Reinigungsverfahren aufsetzte, das Abgas-Schadstoffe in harmlose Stoffe umwandelt. Das Daphne-Team erfand daraufhin mehrere Technologien, die heute unsere Produkte ausmachen.

    Die Luftverschmutzung ist ein Problem, das meiner Meinung nach viele nicht ernst genug nehmen. Jeder spricht über Kohlendioxid, aber Methan rückt erst jetzt allmählich stärker in den Diskurs – trotz des viel höheren Erderwärmungspotenzials im Vergleich zu CO2. Wenn Sie heute sehen würden, dass jemand Öl in einen See schüttet, wären Sie schockiert und entrüstet. Beim Thema Luftverschmutzung denken wir noch nicht wirklich so. Denn dabei achten wir nur auf Kohlendioxid und tun noch nicht genug gegen Methan, Stickoxide und andere Schadstoffe. Deshalb wollte ich eine Firma gründen, die sich dieses Problems annimmt.

    Wenn Sie heute sehen würden, dass jemand Öl in einen See schüttet, wären Sie schockiert und entrüstet. Beim Thema Luftverschmutzung denken wir noch nicht wirklich so. Denn dabei achten wir nur auf Kohlendioxid und tun noch nicht genug gegen Methan

    Doch zum Glück ändert sich das langsam: Das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) wird strenger. Unser SlipPure™-System hilft Reedereien, die Motoren ihrer Schiffe zukunftssicher zu machen, sodass sie diese Vorschriften erfüllen. Es entzieht den Abgasen das Methan. In der Atmosphäre dauert es durchschnittlich zwölfeinhalb Jahre, bis Methan zu CO2 oxidiert ist. Unsere Technologie kann das im Handumdrehen. Methan lässt sich der Atmosphäre schwieriger entziehen als CO2, weil es davon sehr viel weniger gibt. Eine bedeutende Chance bietet sich jedoch, wenn wir uns auf die Verursacher von Schadstoffemissionen konzentrieren, wie z.B. Erdgasübertragung und -verdichtung, Stromerzeugung, Schifffahrt und Bergbau.

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    Daphne hilft Unternehmen auch, die Messung und Nachverfolgung von Treibhausgasen und anderen giftigen Emissionen zu verbessern. Ist es nicht besser, Lösungen zu finden, die sie ganz unterbinden können?

    Unternehmen, die sich auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit machen, brauchen eine genaue Datengrundlage, an der sie sich messen können. Unsere Softwarelösung PureMetrics™ liefert exakte Messwerte zu Emissionen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid und Methan in Echtzeit. Sie ist genauer als jede andere Lösung auf dem Markt und eignet sich für Schiffsmotoren, aber auch für Verbrennungsmotoren, die an Land zum Einsatz kommen.

    Sobald das System die Messungen vorgenommen hat, wandelt es die Werte in Tonnen trockener Treibhausgase um, wie es die UN-Protokolle verlangen. Nach der Verschlüsselung und der Anreicherung mithilfe unserer APIs – also der Programmierschnittstellen – stehen diese Informationen internen und externen Stellen für Berichts- und Prüfungsdokumente zur Verfügung, sowie allgemein für die Messung, Berichterstattung und Überprüfung (MRV), die in der EU eingeführt wurde und mit den EU-Emissionshandelsrichtlinien an Bedeutung gewinnen, auch für die Schifffahrt und die Berücksichtigung von Nicht-CO2-THG.

    Unternehmen, die sich auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit machen, brauchen eine genaue Datengrundlage, an der sie sich messen können

    PureMetrics schlägt den Unternehmen ausserdem vor, was sie ändern könnten, um ihre Abläufe in punkto Brennstoffverbrauch und Treibhausgasemissionen effizienter zu machen. Die Grundlage dafür bilden Prognose-Tools, die auf Basis möglicher Haftpflichten Empfehlungen abgeben können. Sie zeigen an, welche Geldstrafen und andere Kosten auf Unternehmen zukommen könnten, falls sie ihre Betriebsprozesse nicht sauberer machen.

     

    Schwefeloxide sind weitere Luftschadstoffe. Sie entstehen bei der Verbrennung schwefelhaltiger Brennstoffe wie schweres Heizöl. Gibt es Möglichkeiten, diese Emissionen zu mindern oder zu beseitigen?

    In der Landwirtschaft und vielen industriellen Prozessen entstehen bei der Verbrennung von Brennstoffen Schwefeloxidemissionen. Diese können nicht nur Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen haben, sondern auch zu saurem Regen beitragen und empfindliche Ökosysteme schädigen. Eine Möglichkeit, dagegen vorzugehen, besteht darin, Verbrennungs- und Abgasen diese schädlichen Schwefeloxide zu entziehen. Dafür haben wir unser SulPure®-System entwickelt. Es leistet einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. Denn es entfernt die Schwefeloxide nicht nur aus den Abgasen, sondern stellt daraus auch Ammoniumsulfatdünger für die Landwirtschaft her.

     

    Daphne ist noch ein sehr junges Unternehmen. Was ist bislang Ihr grösster Erfolg und was ist Ihre Vision für die nächsten fünf oder zehn Jahre?

    Der Ausgangspunkt unserer Arbeit war die Seeschifffahrt. Unsere Technologie kann aber auch mit Gasmotoren funktionieren, die in Industriezweigen auf dem Festland zum Einsatz kommen. Dies ist ein Schwerpunktbereich für uns. Unsere Tätigkeit in der Seeschifffahrt ist stark projektbasiert: Bei jedem Schiff sind die Bedürfnisse anders. Die Anwendung an Land ist einfacher, weil man viele identische Einheiten einsetzen kann. Dadurch könnten wir skalierbare Produkte anbieten, ohne jedes Mal eine Reihe von Anpassungen vornehmen zu müssen.

    Der Inflation Reduction Act der USA enthielt Bestimmungen zur Reduzierung der Methanemissionen. Für uns bedeutet das ein grosses Geschäftspotenzial. Das heisst, dass es für unsere Technologie an Land Tausende von Anwendungsmöglichkeiten geben könnte. Bei Seeschiffen bewegen wir uns höchstwahrscheinlich eher im Bereich von mehreren Hundert.

    Der Inflation Reduction Act der USA enthielt Bestimmungen zur Reduzierung der Methanemissionen. Für uns bedeutet das ein grosses Geschäftspotenzial

    Ein weiterer Schritt für uns ist die Abscheidung von CO2-Emissionen. Bei der Methanreduzierung beschleunigt unsere Technologie die Oxidationsprozesse, wie sie auch in der Atmosphäre ablaufen. Beim CO2 geht das nicht, weil es zu energieintensiv ist, um es aufzuspalten. Wir haben kürzlich Technologie von Saudi Aramco lizenziert, mit der wir Kohlendioxid abscheiden können. Wir können daher eine umfassendere, ganzheitliche Emissionslösung anbieten.

    Was unsere Erfolge angeht, war es wirklich wichtig für uns, dass wir bei den 100 TOP Swiss Startup Awards den zehnten Platz belegten. Wir sind auch sehr stolz auf die Anerkennung, die unsere Arbeit in der Schifffahrtsindustrie erfährt, unter anderem in Form eines Maritime Innovation Award und des ersten Ocean Solutions Awards bei Nor-Shipping. Darüber hinaus wurde Daphne Technology zum besten Deep-Tech-Unternehmen der Schweiz gewählt und bei der 25. Ausgabe des Swiss Economic Award mit dem prestigeträchtigen Deep-Tech/Life Science Award ausgezeichnet. Ich glaube, kein anderes Unternehmen erreicht dasselbe.

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    Was waren bislang die grössten Herausforderungen für Daphne? Und vor welchen Herausforderungen könnte das Unternehmen in den nächsten Jahren stehen? Könnte eine wirklich zügige Energiewende schlecht für Ihr Geschäftsmodell sein?

    Dass wir Zwischenlösungen anbieten, könnte Risiken für Daphne bergen. Wir unterstützen die Industrie bei der Dekarbonisierung, aber dauerhaftere Veränderungen passieren manchmal schneller als erwartet. Das zeigt ein Blick auf die Automobilindustrie. Eine Zeit lang waren Übergangstechnologien wie die Nutzung von Ethanol und Biodiesel anstelle fossiler Brennstoffe in aller Munde. Plötzlich kamen Elektroautos auf, und diesen Übergangslösungen ist es nie gelungen, an Grösse zu gewinnen. Alle vorgeschlagenen alternativen Kraftstoffe sind jedoch mit verschiedenen schädlichen Emissionen verbunden, die es zu bekämpfen gilt, und wir sehen Daphne in dieser Hinsicht als Unterstützer des Übergangs.

    Ich glaube, es gibt auch so etwas wie ein «aktivistisches» Risiko: Man will keine Projekte zur Dekarbonisierung von Industrien finanzieren, die auf fossile Brennstoffe setzen. Doch wir müssen heute auch Mittel für die Nachrüstung vorhandener Infrastruktur aufbringen. Wir können nicht nur zukünftige Technologien finanzieren, denn bis die einsatzbereit sind, wird noch viel Zeit ins Land gehen. Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir beide. Wir brauchen Realismus, aber auch Idealismus.

    Die Menschen wollen keine Projekte zur Dekarbonisierung Industrien finanzieren, die auf fossile Brennstoffe setzen … Wir können nicht nur zukünftige Technologien finanzieren, denn bis die einsatzbereit sind, wird noch viel Zeit ins Land gehen

    Technologien für den Klimaschutz haben auch beim Zugang zu Kapital mit grösseren Problemen zu kämpfen. Das liegt daran, dass die herkömmliche Risikobewertung nicht zur Klimatechnologie passt. Unser Kapitalbedarf und die von der Finanzindustrie erwarteten Fristen passen nicht zu Dekarbonisierungsprojekten. Die Investoren wollen in der Regel, dass wir viel schneller Gewinne erzielen, als es in unserer Branche möglich ist. Wir müssen uns auf kleine Projekte konzentrieren, um das Risiko zu minimieren, aber das macht uns für manche Investoren zu klein. Wenn wir jedoch zu schnell in zu grosse Projekte einsteigen würden, wäre das Risikoprofil für die meisten Investoren zu gross.

    Das gesamte Finanzierungssystem muss auf den Kopf gestellt werden. Viele Organisationen haben dies inzwischen erkannt und ändern sich, um die Finanzierung von Klimatechnologien zu unterstützen. Ich hoffe, dass dies schnell genug geschehen kann.

    Wichtige Hinweise.

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