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Vorsicht angesichts des anhaltenden Ukrainekriegs und zunehmender Spannungen zwischen den USA und China
Lombard Odier Private Bank
Wie wirken sich Konfliktnarrative und geopolitische Spannungen auf die Marktbewegungen aus?
Diese Frage stösst angesichts des Kriegs zwischen Russland und der Ukraine sowie der anhaltend hohen Spannungen zwischen den USA und China auf Interesse.
Kriegspropaganda kann den Verlauf von Konflikten beeinflussen. Das hat die jüngere Geschichte wiederholt gezeigt. Während des Zweiten Weltkriegs etwa, als das Vereinigte Königreich sich gegen die Angriffe Nazi-Deutschlands wehrte, setzte Premierminister Winston Churchill alles daran, die USA zum Eintritt in den Konflikt zu bewegen. Zu diesem Zweck eröffnete der britische Geheimdienstoffizier William Stephenson, der das Vorbild für die Figur von James Bond gewesen sein soll, ein Propagandabüro in New York. Ziel dabei war, den US-Wählern den Krieg zu „verkaufen“. Zwischen 1940 und 1941 verbreitete Stephenson in den US-Medien jede Woche an die 20 fantasievoll ausgeschmückte Geschichten über die britische Tapferkeit. Diese Bemühungen erwiesen sich als recht wirksam in dem Bestreben, die Meinung der zunächst zurückhaltenden US-Bürger zu ändern, wie die nachstehende Grafik zeigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wucherten die Nachrichtendienste im gesamten Ost- und Westblock, da die Kriegsparteien in der Zeit des Kalten Kriegs um die Ausweitung ihres Einflusses wetteiferten.
Heute scheint es, dass Politiker und Medien sowohl in Russland als auch im Westen die Vorstellung eines andauernden und möglicherweise eskalierenden Kriegs in das Bewusstsein der Bevölkerung einpflanzen. Dank zahlreicher nicht klassifizierter Militärdokumente konnten Wissenschaftler gemeinsame Merkmale einer wirksamen Kriegsberichterstattung aufdecken. Eines der Hauptelemente besteht darin, die Bedeutung eines Konflikts für die eigene Seite aufzublähen und gleichzeitig die gegnerische Sichtweise zu diskreditieren. Heute ist keine der beiden Seiten bereit, sich eingehend mit den nationalen oder strategischen Interessen der anderen zu befassen.
Ein langwieriger Konflikt
Die Geschichte lehrt uns weiter, dass Kriege oft lange dauern und sich verschärfen können. Im Jahr 1914, nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs, marschierten die Soldaten in Erwartung eines schnellen Siegs an die Front, um dann jahrelang in den Schützengräben festzusitzen. Damals sorgten Neuerungen wie Maschinengewehre und Stacheldraht für eine Vervielfachung der Zahl der Todesopfer, während sie keiner der beiden Seiten Vorteile brachten. Die heutigen Militärarsenale bergen grössere Bedrohungen, darunter Atomwaffen.
Russland und das NATO-Bündnis verfügen je über rund 6’000 nukleare Sprengköpfe, die in zwei Kategorien unterteilt sind. Sogenannte strategische Bomben haben Sprengladungen, die ausreichen, um eine ganze Stadt auszulöschen. Da bei einem Einsatz die gegenseitige Zerstörung droht, entwickelten die Militärmächte der Welt taktische Atomsprengköpfe mit weit geringerer Sprengkraft. Russland verfügt über rund 2’000 und die USA über rund 200 dieser Waffen. Sie sind vielleicht sogar gefährlicher als die strategischen Atombomben, da die Barrieren für ihre Anwendung weniger hoch sind. Allerdings würde ihr Einsatz wahrscheinlich zu einer schnellen Eskalation eines Konflikts führen. Vor diesem Hintergrund und da Russland noch immer über beträchtliche Truppenreserven verfügt, halten wir eine festgefahrene Situation im gegenwärtigen militärischen Konflikt in der Ukraine für das wahrscheinlichste Szenario.
Die Auswirkungen von Kriegen auf die Finanzmärkte sind schwer eruieren und zu messen. Indes zeigen historische Daten, dass geopolitische Konflikte neben den tragischen menschlichen Verlusten durchweg negative Folgen für die Wirtschaftstätigkeit haben: Kapital wird abgeleitet, Produktionsanlagen werden gefährdet, Lieferketten werden unterbrochen, das Vertrauen der Verbraucher wird untergraben, und Unternehmensinvestitionen werden verzögert. Im speziellen Fall des Kriegs Russlands gegen die Ukraine beispielsweise schätzt die US-Notenbank Fed, dass das erhöhte geopolitische Risiko in diesem Jahr zu einem Rückgang des weltweiten Bruttoinlandsprodukts von 1,5% und zu einem Anstieg der weltweiten Inflation von 1,3% führen wird.
Defensive Portfolios mit hochwertigen Anlagen
Wir gehen davon aus, dass die Spannungen zwischen den USA und China anhalten werden und der Krieg in der Ukraine fortdauern und möglicherweise sogar eskalieren wird. Das besorgniserregende geopolitische Umfeld wird die derzeitige hohe Inflation, die Verlangsamung des Wachstums und die Rezessionsrisiken noch verstärken. In den USA hob die Fed im September den Leitzins zum dritten Mal in Folge um 75 Basispunkte an, nachdem die Inflationsdaten für August enttäuscht hatten. Zudem wurde eine weitere Straffung in naher Zukunft angedeutet. In Europa wurde diesen Monat in Deutschland erstmals seit der Einführung des Euro im Jahr 1999 eine zweistellige Inflationsrate verzeichnet. Dies wird den Druck auf die Europäische Zentralbank, ihren Zinserhöhungszyklus zu beschleunigen, zusätzlich verstärken.
Entsprechend haben wir unsere Erwartungen für die Leitzinsen der Notenbanken nach oben korrigiert und unsere kurzfristigen Wachstumserwartungen gesenkt. Zugleich reduzieren wir das Risiko in den Portfolios weiter. Im Bereich der Festverzinslichen haben wir einen Teil unserer Positionen in Wandelanleihen veräussert und die Erlöse in inflationsgeschützte US-Staatsanleihen (TIPS) investiert. Wir haben das Kreditrisiko durch Umschichtung eines Teils unseres Hochzinsengagements in Investment-Grade-Anleihen weiter gesenkt. Zudem haben wir chinesische Staatsanleihen gekauft und diese in US-Dollar abgesichert. Ziel dabei ist, die Widerstandsfähigkeit der Portfolios in einem Umfeld zu erhöhen, in dem die Zinsrisiken in den Industrieländern noch immer nach oben tendieren.
Bei den Aktien sind wir noch vorsichtiger und konzentrieren uns weiterhin auf Qualitäts- und Substanztitel. Was die Regionen betrifft, so haben wir unlängst unser Engagement in britischen und US-amerikanischen Aktien abgebaut und unsere Positionen in defensiveren Schweizer Unternehmen erhöht. Im Bereich der alternativen Anlagen sind wir Positionen in Hedge Funds mit Makro- und Trendfolge-Strategien eingegangen, während wir Übergewichtungen in Rohstoffen und europäischen Immobilien aufgelöst haben. Wir bevorzugen weiterhin Währungen, die als „sicherer Hafen“ gelten, wie den US-Dollar und den Schweizer Franken.
Wichtige Hinweise.
Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende
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