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Aufstieg und Fall der Kryptowährungen – wenn die Diversifizierung versagt
Lombard Odier Private Bank
Kernpunkte:
- Kryptowährungen bieten die geringste Diversifizierung in Zeiten, in denen diese am meisten benötigt wird
- Die hohen, auf Prognosen basierenden SPAC-Bewertungen fallen, da die Wachstumserwartungen nach unten korrigiert werden
- Im aktuellen Umfeld bevorzugen wir hochwertige Risikoanlagen, die Cashflow generieren – Differenzierung ist hier entscheidend
- Asymmetrische Optionsstrategien ermöglichen es den Anlegerinnen und Anlegern, von potenziellen Erholungen am Aktienmarkt zu profitieren und gleichzeitig ihre Portfolios vor ungünstigen Marktbewegungen zu schützen
Nicht so stabiler Stablecoin
Der eine oder andere Marktrückgang in letzter Zeit erinnert an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“, das der dänische Autor Hans Christian Andersen 1837 veröffentlichte. Die Geschichte hilft vielleicht, die jüngste Marktvolatilität zu verstehen. Es geht darin um einen eitlen Kaiser, dem Schwindler weismachen, sie hätten ein spezielles Kleidungsstück erfunden, das nur kluge Menschen sehen könnten. Der Kaiser stolziert vor seinen Untertanen, die aus Angst, für dumm gehalten zu werden, die Kleider preisen, bis ein Kind ruft: „Aber er hat doch gar nichts an!“
Angesichts der Kursausschläge bei manchen digitalen Vermögenswerten könnte man es den Anlegern nicht verdenken, wenn sie sich in den letzten Jahren wie Untertanen des Kaisers gefühlt hätten. Während die Blockchain-Architektur in den Bereichen Authentifizierung oder Vertragsmanagement interessante Perspektiven bietet, ist der Wert hinter einigen der 18’000 existierenden Kryptowährungen schwerer zu erkennen. Der algorithmische Stablecoin Terra Luna zum Beispiel wurde auf seinem Höchststand mit rund USD 40 Mrd. bewertet, bevor er nach dem Rückzug mehrerer Grossanleger Mitte Mai auf null abstürzte.
Kryptowährungen korrelieren bei fallenden Märkten stärker mit Aktien
Anders als sein Name suggeriert, erwies sich der Stablecoin als so instabil, dass dies die Glaubwürdigkeit des Ökosystems erschütterte und berechtigte Zweifel nährte, etwa ob Kryptowährungen wirklich die angepriesenen Diversifizierungsvorteile bieten. Seit Kryptowährungen im Rampenlicht der Finanzmärkte stehen, zeigten sie eine eigenständige Entwicklung. So konnten wir mit einer Regression ab 2018 unter Einbezug der gebräuchlichsten Risikofaktoren, wie Zinsen, Renditedifferenzen (Spreads) und Aktien, nur 17% der Kursbewegungen des Bitcoins erklären. Diese offensichtliche Unabhängigkeit von traditionellen Vermögenswerten zeigt sich auch an der niedrigen Korrelation des Bitcoins zum S&P, die über den Zeitraum seit 2018 magere 0,19 beträgt.Kryptowährungen korrelieren bei fallenden Märkten stärker mit Aktien
Doch ein genauerer Blick auf die Korrelationen zeigt, dass die Beziehung zwischen Kryptowährungen und traditionellen Vermögenswerten offenbar stark davon abhängt, ob der Aktienmarkt steigt oder fällt. Die nachfolgende Grafik zeigt die 30-Tage-Korrelation des Bitcoins zum S&P 500 seit 2020, wobei Aufwärtsphasen (weiss) und Abwärtsphasen (grau) unterschieden werden.
Unserer Meinung nach bestanden somit die Kryptowährungen ihren ersten grossen Diversifizierungstest in einem Baissemarkt nichtDer Bitcoin ist zwar insgesamt mit dem Aktienmarkt nur mässig korreliert, aber der Grafik zufolge in Abwärtsphasen des S&P 500 fast doppelt so sensitiv gegenüber diesem. Besonders offenkundig ist das in diesem Jahr: Zum Zeitpunkt der Redaktion liegen Bitcoin und Ethereum – die beiden Kryptowährungen mit der höchsten Marktkapitalisierung – in einem sehr schwierigen Marktumfeld mit 55% bzw. 68% im Minus. Doch nicht nur die Performance ist katastrophal: Die Infrastruktur des Ökosystems war auch nicht in der Lage, für Liquidität zu sorgen. Vielmehr versiegte diese in letzter Zeit an mehreren Börsen. Unserer Meinung nach bestanden somit die Kryptowährungen ihren ersten grossen Diversifizierungstest in einem Baissemarkt nicht.
SPACs fallen in Ungnade
Grosszügige Finanzierungsbedingungen trugen auch bei traditionellen finanziellen Vermögenswerten zu Überbewertungen und Marktverzerrungen bei. Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) ermöglichen einen schnelleren und einfacheren Zugang zu Aktienmarktfinanzierungen als traditionelle Börsengänge (Initial Public Offerings, IPOs). Eine wichtige, aber etwas zu wenig herausgestellte Eigenschaft von SPACs besteht jedoch darin, dass sie im Rahmen ihrer wenig strengen Regulierung Bewertungen auf der Basis prognostizierter Gewinne verwenden dürfen. Dagegen werden für IPOs die tatsächlichen Ergebnisse verlangt. Nicht selten zum Schaden der Endanleger heizten SPAC-Sponsoren und Unternehmenseigner einen Transaktionsboom an, der bis Mitte 2021 anhielt. Ein Jahr später haben über 10% der Unternehmen, die in den vergangenen zwei Jahren mit SPACs fusionierten, Going-Concern-Warnungen herausgegeben – was bedeutet, dass sie in den nächsten zwölf Monaten insolvent werden könnten. Zum Vergleich: Der Markt für US-Hochzinsanleihen preist zurzeit eine Ausfallrate von etwas über 3% ein, was dem historischen Durchschnitt der letzten 25 Jahre entspricht.
Qualitätsunternehmen mit hoher Preismacht und asymmetrische Renditeprofile bevorzugen
Bei restriktiver werdenden Finanzierungsbedingungen bevorzugen die Anleger die Aktien von Unternehmen, die nachweislich Cashflows generieren können, zulasten von Unternehmen mit aussichtsreicheren Geschäftsmodellen. Das erklärt die jüngste Outperformance von Substanzwerten gegenüber Technologietiteln. Unseres Erachtens sind die Analyse traditioneller Kennzahlen wie Cashflow, Verschuldung, Liquidität und Rentabilität sowie ein langfristiger Anlagehorizont nach wie vor solide Anlagegrundsätze. In Aktien bleiben wir insgesamt neutral positioniert, wobei wir unter den Regionen die USA und Grossbritannien favorisieren. Wir bevorzugen Unternehmen mit hoher Preismacht, die somit besser gegen niedrigeres Wachstum und höhere Inflation gewappnet sind. Diese Positionen ergänzen wir durch Optionsstrategien wie Put-Spreads, um unser Abwärtsrisiko abzumildern. In Anleihen sind wir weiterhin untergewichtet, wenn auch in geringerem Ausmass, da die hohen Staatsanleiherenditen und weiteren Spreads interessantere Risiko-Ertrags-Profile bieten. Wir konzentrieren uns nach wie vor auf erstklassige Emittenten mit weniger beunruhigendem Ausfall- und Liquiditätsrisiko. Bei den alternativen Anlagen halten wir an unserem Korb diversifizierter Rohstoffe fest. Wir bevorzugen Industriemetalle, die vor Inflation schützen und von Grossprojekten im Rahmen der Energiewende profitieren dürften. An den Devisenmärkten schliesslich bleiben wir im Dollar trotz seiner jüngsten Korrektur übergewichtet: Grund hierfür ist sein Status als sicherer Hafen in einem von Unsicherheit geprägten Umfeld.
Wichtige Hinweise.
Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende
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