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Klimawoche in New York wertet die Natur auf – die am stärksten unterbewertete Anlageklasse
Am 8. September veröffentlichte die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCC) einen Bericht über den technischen Dialog zur globalen Bestandsaufnahme.1 Er zeichnet ein besorgniserregendes Bild. Obwohl nach dem Pariser Abkommen fast überall auf der Welt Klimaziele festgelegt wurden, „ist der Fortschritt immer noch unzureichend. Die Welt ist noch nicht auf dem richtigen Weg, um die langfristigen Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Das Zeitfenster, in dem wir noch dafür sorgen können, dass die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius erreichbar bleibt, schliesst sich schnell.“
2023 ist zu einem Jahr der erstmaligen „Bestandsaufnahmen“ geworden. Im Juli trafen sich Delegierte in Rom zum ersten «UN Food Systems Stocktaking Moment» – die UN-Bestandsaufnahme der Lebensmittelsysteme. Einstweilen wird der jüngst von den Vereinten Nationen veröffentlichte Sachstandsbericht als Grundlage für die erste „Globale Bestandsaufnahme“ bei der COP28 in Dubai dienen. „An diesem Meilenstein wird die Welt prüfen, welchen Fortschritt sie im Hinblick auf das Pariser Abkommen gemacht hat“.2
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Trotz aller Aufrufe zu stärkeren Bemühungen und schnellerem Handeln nehmen die Befürchtungen zu, dass Nachhaltigkeit auf höchster Ebene immer noch nicht ausreichend priorisiert wird. In Grossbritannien hat Premierminister Rishi Sunak zum Beispiel gerade eine Kehrtwende bei mehreren Netto-Null-Massnahmen verkündet. Er verschob das Verkaufsende von neuen Autos mit Verbrennungsmotor auf 2035. Zudem nahm er gewisse Haushalte von den Plänen aus, den Einbau neuer Gasheizkessel auslaufen zu lassen.
Vor diesem Hintergrund kamen führende Politikerinnen und Politiker der Welt mit Wissenschaftlern, Aktivisten und führenden Finanzexperten bei der Klimawoche in New York zusammen. Die Veranstaltung findet in Verbindung mit der jährlichen Generalversammlung der Vereinten Nationen statt. Nachdem der internationale Fokus jahrelang auf den CO2-Emissionen gelegen hatte, rücken jetzt auch Biodiversität und Natur ins Rampenlicht.
Ein „entscheidendes Jahrzehnt“
Die Natur ist der Antrieb unserer Wirtschaft. Die Erhaltung und Wiederherstellung der Natur ist entscheidend für die Erreichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Die Agenda beinhaltet 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs)3, die alle UN-Mitglieder im Jahr 2015 gemeinsam beschlossen haben. Der Zeitraum von 2015 bis 2030 ist inzwischen schon zur Hälfte vergangen. Wie die Delegierten bei der Klimawoche erfuhren, haben wir bisher jedoch nur 15% der notwendigen Fortschritte zur Erreichung der SDGs erzielt.
Eine Expertenrunde des Weltwirtschaftsforums wiederholte die Warnung, dass wir in Bezug auf die Energiewende und die Auswirkungen fossiler Brennstoffe auf die Natur hinter unserem Zeitplan zurückbleiben. „Das entscheidende Jahrzehnt hat vor drei Jahren begonnen, und es wird immer noch zu wenig und zu langsam gehandelt“, lautete das Fazit.
Für die Sektoren, die am schwersten zu dekarbonisieren sind, gibt es keine „Patentlösung“. Wir müssen auf vielfältige Technologien setzen, darunter grüner Wasserstoff und grünes Ammoniak, die mit kohlenstofffreien erneuerbaren Energien hergestellt werden, nachhaltige Flugtreibstoffe sowie Kohlenstoffabscheidung und -speicherung. In der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen haben wir gute Fortschritte gemacht. Doch in Sektoren, wo man mit Strom keine sofortige kohlenstofffreie Energielösung herbeiführen kann, hinken die Investitionen noch hinterher.
Trotz dieser Defizite erfuhren die Delegierten, dass sich aktuell eine vielversprechende Dynamik entwickelt. Dazu tragen öffentliche Finanzierungsmechanismen wie der US Inflation Reduction Act (IRA) und der Green Deal der EU bei. Beide stellen Milliarden von Dollar bereit, um die Energiewende zu beschleunigen. Bei grünem Wasserstoff werden die Auswirkungen dieser neuen Finanzquellen sich wahrscheinlich besonders stark bemerkbar machen. In den USA ist im IRA ein „Kredit für grünen Wasserstoff“ vorgesehen. Dieser wird die Kosten von grünem Wasserstoff voraussichtlich im Schnellverfahren an die von grauem Wasserstoff angleichen, der aus Erdgas hergestellt wird. Die EU fördert den Bau von Elektrolyseuren zur Produktion von grünem Wasserstoff aus Wasser sowie die Infrastruktur zur Lagerung und zum Transport von grünem Wasserstoff mit mehr als USD 5 Mrd.
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Naturbezogene Risiken
Der ausgeprägte Fokus der Klimawoche auf die Natur wurde schon frühzeitig erkennbar – aufgrund der Veröffentlichung wegweisender Leitlinien durch die Taskforce for Nature-Related Financial Disclosures (TNFD). Bei der Veranstaltung in der New Yorker Börse stellte die Arbeitsgruppe 14 Empfehlungen vor. Sie zeigen auf, wie Unternehmen ihre Abhängigkeit von der Natur und die Gefahren durch eine Destabilisierung der Ökosysteme bewerten und darüber berichten können.
Laut der Beratungsgesellschaft PwC hängen 55% des weltweiten BIP (USD 58 Bio.) von der Natur und ihren Ökosystemleistungen ab. In der Eurozone ist diese Abhängigkeit noch höher. Die Europäische Zentralbank schätzt, dass 72% der Unternehmen im Euroraum in hohem Masse von der Natur abhängen. Zudem werden 75% der Bankdarlehen an Firmen vergeben, die auf die Ökosystemleistungen der Natur angewiesen sind.
Die TNFD fordert Unternehmen auf, ihre Abhängigkeit von der Natur öffentlich auszuweisen. Ihr Co-Vorsitzender David Craig weist darauf hin, dass „der Verlust von Natur sich beschleunigt und Unternehmen heute nicht ausreichend Rechenschaft über ihre naturbezogenen Abhängigkeiten, Risiken und Chancen ablegen. Die Kosten der Untätigkeit steigen schnell.“
Die Märkte erkennen naturbezogene Risiken zunehmend an. Im „Nature Positive Hub“ diskutierten führende Persönlichkeiten aus dem öffentlichen und privaten Sektor, der Wissenschaft und indigenen Gemeinschaften über die Chancen, die die Natur und ihre Regenerierung uns bieten. Die Botschaft an die Delegierten lautete: „Naturbasierte Lösungen können eine wichtige Rolle bei der Eindämmung des Klimawandels spielen: Sie können bis zu 37% der – bis 2030 benötigten – Emissionsreduktionen ausmachen. Aufsichtsbehörden, Industrie und Finanzmarktakteuren sind sich heute bewusst, wie wichtig naturbasierte Lösungen für die Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens sind.“
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Aufwertung der Natur – vom passiven zum aktiven Vermögenswert
Während der Klimawoche ist die Aufmerksamkeit auf zwei wichtige Aspekte gerichtet: wie wir die Erhaltung und Wiederherstellung der Natur finanzieren können; und wie wir die Abhängigkeit von der Natur von einem passiven Vermögenswert zu einer aktiven Anlage verändern können.
Unter dem Titel „Collaborating for Scaled Investment in Forests and Nature“ – Zusammenarbeit für skalierte Investitionen in Wälder und Natur – erfuhren die Teilnehmenden, wie die Gelegenheit zur Entwicklung neuer, naturbasierter Anlageklassen das Anlegerinteresse weckt. Ruben Lubowski, Chief Carbon and Environmental Markets Strategist bei Lombard Odier Investment Managers, sagte bei der Veranstaltung: „Einige der interessantesten Anlagemöglichkeiten bieten sich im Bereich der Nachhaltigkeit. Um diese Chancen zu nutzen, muss man systemisch vorgehen. Zu diesem Zweck haben wir interessante Partnerschaften geschlossen. Der Markt verlangt nach Diversifizierung und alternativen Anlageklassen.“
Bei Lombard Odier gehört die Natur zu den Anlageüberzeugungen. Zusammen mit Systemiq, einem Unternehmen für Systemwandel, haben wir unsere nachhaltigkeitsorientierte Anlageplattform holistiQ gestartet; damit wollen wir u.a. die nach unserer Ansicht am stärksten unterbewertete Anlageklasse der Welt aufwerten. Mit innovativen, neuartigen Investitionen in die Natur streben wir langfristige Renditen an und beschleunigen dabei aktiv den Übergang zu einer naturverträglichen Wirtschaft.
Regenerative Güter
Die Nachfrage nach „regenerativen Gütern“, die in Einklang mit der Natur hergestellt werden, wächst schnell. Unserer Ansicht nach wird dieser Trend zur grössten Aufwertung des nächsten Jahrhunderts führen. Ein mögliches Beispiel dafür ist ein agroforstwirtschaftlicher Anbau von Kaffee. Neben der Kaffeeproduktion könnten Investitionen zur Finanzierung der Regeneration von degradierten Böden eingesetzt werden. Für Anlegerinnen und Anleger ist in diesem Fall der neu regenerierte Wald eine Grundlage für CO2- oder andere naturbasierte Gutschriften – und die Erzeugung von „regenerativem“ Kaffee für die Produzenten mit einer Prämie verbunden.
Fragmentierte Lieferketten erschweren es innerhalb der aktuellen Ernährungssysteme den grossen Produzenten, die Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu gewährleisten. Die Lösung liegt direkt an der Quelle – im Boden selbst. Bei der Klimawoche in New York erfuhren die Delegierten, dass dem „organischen Kohlenstoff im Boden“ zukünftig eine neue Bedeutung zukommt. Regierungen und die Industrie erkennen die Boden-Kohlenstoff-Messung jetzt als Methode an, um zuverlässig festzustellen, ob Produkte wirklich regenerativ sind. holistiQ hat bereits begonnen, dies in die Praxis umzusetzen: Für eine Reihe grosser Nahrungsmittel- und Agrarunternehmen sammelt die holistiQ-Plattform Daten zum organischen Kohlenstoff im Boden. Wir bei Lombard Odier gehen davon aus, dass diese Messung für die Produzenten in verschiedenen Branchen zunehmend von Bedeutung sein wird.
Bei der Klimawoche in New York sagte Elise Beaufils, Deputy Head of Sustainability Research bei holistiQ: „Wir wissen, dass mehr als 50% unserer weltweiten Wirtschaft Risiken ausgesetzt sind, die sich durch den Verlust von Natur ergeben. Deshalb freuen wir uns sehr, dass die Natur bei der Klimawoche in New York im Mittelpunkt steht. Wir bei holistiQ sind fest davon überzeugt, dass Investitionen in naturverträgliche Aktivitäten und Anlagen für einen erfolgreichen und fairen Wandel unverzichtbar sind. Zudem haben sie das Potenzial für langfristige Renditen. Die Klimawoche 2023 wird wahrscheinlich als der Wendepunkt in Erinnerung bleiben, an dem die Natur als Anlageklasse aus ihrer bisherigen Nische ins Rampenlicht trat und exponentiell zu wachsen begann.
1 Technical dialogue of the first global stocktake. Synthesis report by the co-facilitators on the technical dialogue | UNFCCC
2 COP28 UAE | United Nations Climate Change Conference (UNFCCC)
3 THE 17 GOALS | Sustainable Development (un.org)
Wichtige Hinweise.
Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG oder einer Geschäftseinheit der Gruppe (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig wäre, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende Abgabe rechtswidrig wäre.
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