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Wenn Heimarbeit die neue Normalität wird
Die Arbeitskräfte kehren jetzt – oft gestaffelt – ins Büro zurück. Doch nur wenige glauben, dass die Arbeitswelt wieder so werden wird wie zu Beginn des Jahres. Der Präsident von Netflix, Reed Hastings, erwartet, dass die Arbeitskräfte vier Tage pro Woche wieder im Büro und den fünften Tag weiterhin zu Hause arbeiten werden.
Das wäre zwar keine so tiefgreifende Änderung des Arbeitslebens, wie manche prognostizierten, veranschaulicht aber, wie sich die Arbeitskräfte auf einen erheblichen Anteil der Heimarbeit an ihrem zukünftigen Arbeitsleben einstellen müssen. Ausserdem geht es nicht nur um Arbeitskräfte: Weltweit sind Studenten zu Beginn des neuen Semesters nicht an ihren Platz im Hörsaal, sondern zu ihrem Laptop zurückgekehrt. Und einige haben die Veränderung zum Anlass genommen, ganz umzuziehen und auf Telearbeit zu setzen.
Welche Unternehmen ergreifen angesichts dieses Wandels der Arbeitswelt innovative Schritte, um uns den Umstieg auf Telearbeit zu erleichtern? Und wie werden die Anleger davon profitieren?
Zu Hause lernen
Dass Studenten das neue Semester zu Hause begannen, kam Bildungstechnologieunternehmen sehr zugute. Die Zahl neuer Nutzer des in Bangalore ansässigen Bildungstechnologieunternehmens BYJU’S stieg Mitte Mai um 200%, nachdem seine Inhalte während des Lockdowns kostenlos angeboten worden waren. Anfang dieses Monats wurde bekannt gegeben, dass das Unternehmen nach einer neuen Finanzierungsrunde mit USD 10,8 Mrd. bewertet wurde. Gleichzeitig beschaffte das indische Start-up Unacademy USD 150 Mio. und steigerte dadurch seine Bewertung auf USD 1,45 Mrd. Der Aufschwung digitalen Lernens in Indien setzte ein, nachdem die Behörden wegen der Pandemie die Schulen geschlossen und die Eltern im Internet nach Bildungsmöglichkeiten für ihre Kinder gesucht hatten.
Die Anleger werden jetzt beobachten, wie sich das E-Learning nach der Wiedereröffnung der Schulen weiterentwickelt. Der Sektor wuchs jedoch zuvor schon sehr schnell. Die Pandemie hat dieses Wachstum mit Diensten wie Alibaba's DingTalk beschleunigt – das Unternehmen nahm in nur zwei Stunden 100‘000 neue Cloud-Server in Betrieb, um die Nachfrage zu decken. Auch bei Aufbaustudiengängen nahm E-Learning bereits vor der Pandemie zu. Während die Zahl der Zulassungsanträge für MBA-Kurse mit Präsenzunterricht in den letzten zwei Jahren sank, ist die Online-Nachfrage gestiegen.
Manche hoffen, der Übergang zum E-Learning werde Bevölkerungsgruppen die Teilnahme an Kursen ermöglichen, die ihnen sonst nicht offenstünden. E-Learning ermöglicht auch eine stärker personalisierte Lernerfahrung, sodass unterschiedliche Studenten unterschiedliche Erfahrungen erhalten, die ihnen letztlich mehr nützen. In Grossbritannien bezeichnet man den Übergang zum E-Learning als ersten Schritt auf dem Weg zu einer hoch qualifizierten Wirtschaft. Die Vergrösserung der Zuhörerschaften war jedoch mit Anfangsschwierigkeiten verbunden. Als Millionen amerikanischer Schulkinder mir ihrem Laptop an ihren Schreibtisch zurückkehrten, hatten sie mit einer Reihe technischer Störungen zu kämpfen.
Sprudelnde Gewinne
Zu Beginn des Lockdowns war die Kommunikation per Laptop noch etwas Neues. Telefonkonferenzen, Check-ins, ungezwungene Drinks und sogar Verabredungen fanden mithilfe weniger Dienstleister statt, und das machte sich schnell in deren Bilanz bemerkbar.
Zoom verzeichnete allein im April, als die Menschen zu Hause bleiben mussten, eine Verdreissigfachung der Nutzung seiner Software. In der Spitze gab es über 300 Millionen Sitzungsteilnehmer pro Tag. Anfang dieses Monats wurden die finanziellen Auswirkungen dieses Schubs klar: Das Unternehmen berichtete, dass es in den letzten drei Monaten einen höheren Umsatz verbuchte als im gesamten letzten Jahr.
Zoom ist natürlich nicht das einzige Unternehmen, dem wir uns zugewandt haben. Zu den anderen gehört etwa Houseparty, das zur Chat-App für Treffen mit Freunden wurde. Infolgedessen war das Unternehmen eine Zeit lang in 17 Ländern die App Nummer eins.
Die Anleger werden jetzt beobachten, ob diese Unternehmen ihre Dynamik aufrechterhalten werden können, wenn die Pandemie zu Ende geht und sich das Leben wieder normalisiert – wenn auch in veränderter Form.
Aufbruch in sonnige Gefilde
Auch wenn die Prognose, dass die Menschen einen Tag pro Woche von zu Hause aus arbeiten, konservativ erscheinen mag, gibt es auch das andere Extrem. Nämlich die Prognose, dass Menschen – oft mehrfach – wegen der Pandemie in ein anderes Land ziehen. In den letzten Jahren sind mehr Menschen digitale Nomaden geworden – die sich überall niederlassen und arbeiten können, wo es eine Internetverbindung gibt. Sie sind in Cafés und temporären Arbeitsstätten rund um den Globus zu sehen, und es ist eine stattliche Branche entstanden, die im Ausland arbeitende Menschen berät und Dienstleistungen für sie erbringt.
Nationale Regierungen haben versucht, von der Zunahme digitaler Nomaden zu profitieren – in der Hoffnung, deren Ausgaben für Wohnen und Alltagsbedarf würden ihrer Wirtschaft zugutekommen. Barbados, dessen Tourismusbranche stark unter der Pandemie leidet, hat eine „Welcome Stamp“ eingeführt. Dieses Sondervisum gewährt Arbeitskräften mit einem Jahreseinkommen von mindestens USD 50‘000 eine zwölfmonatige Aufenthaltserlaubnis und eine Befreiung von der lokalen Einkommenssteuer. Estland hat ein Visum für digitale Nomaden eingeführt, die für ein ausländisches Unternehmen arbeiten und gut EUR 3‘500 im Monat verdienen.
Arbeitsplatz im Wandel
Für viele hat die Pandemie ohnehin erwartete Entwicklungen beschleunigt, wozu auch die Zunahme der Telearbeit zählt. Selbst wenn das so moderat geschieht, wie Reed Hastings erwartet, mit nur einem Arbeitstag zu Hause, wird sich die Zunahme der Telearbeit Zug um Zug zum Beispiel auf Branchen, die mit E-Learning und Videokonferenzen zu tun haben, auswirken. Die Idee, an einem Strand im Ausland seinen Laptop aufzuklappen, ist bereits in den letzten Jahren stärker geworden. Die Pandemie dürfte ihr weiter Auftrieb geben.
Die Emissionen mögen während des Lockdowns zurückgegangen sein, tendieren jetzt aber wieder in Richtung der Niveaus vor der Pandemie. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben die Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre dieses Jahr einen Höchststand erreicht und steigen weiter. Die Vorstellung, dass die Menschen an einem Tag nicht mehr zur Arbeit zu fahren, mag für diejenigen, denen die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels Sorge bereiten, eine willkommene Nachricht sein. Verglichen mit der dramatischen, zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens erforderlichen Emissionsverringerung ist dies jedoch nur ein Tropfen auf den heissen Stein.
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