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    US-Wahlszenarien und ihre Folgen für Anlagen

    US-Wahlszenarien und ihre Folgen für Anlagen
    Samy Chaar - Chefökonom und CIO Schweiz

    Samy Chaar

    Chefökonom und CIO Schweiz
    Christian Abuide - Head of Asset Allocation

    Christian Abuide

    Head of Asset Allocation

    Kernpunkte

    • Die Vorwahlen in den USA, bei denen Republikaner und Demokraten ihre Präsidentschaftskandidaten bestimmen, dürften den Weg für eine Wiederholung der Wahlkonstellation von 2020 ebnen.
    • Bei einer Wiederwahl Bidens sehen wir eine hohe Wahrscheinlichkeit eines gespaltenen Kongresses, bei einer Wahl Trumps ist ein überwältigender Sieg der Republikaner möglich.
    • Keine der beiden Parteien will das US-Haushaltsdefizit angehen, sodass sich an der Verschuldung nichts Grundsätzliches ändern wird. Bezüglich Steuern, Einfuhrzöllen, Einwanderung, Infrastrukturplänen und Aussenpolitik sind sich die Kandidaten uneinig, in Bezug auf den strategischen Wettbewerb mit China hingegen gibt es Überschneidungen.
    • Seit Ende 2023 haben wir das strategische Engagement in US-Anlagen erhöht, und wir sind in US-Aktien, US-Staatsanleihen und im USD taktisch übergewichtet. Die Marktvolatilität und ein erwarteter Anstieg der Risikoprämien dürften nach der Wahl abklingen. Die Auswirkungen auf die Anleihenmärkte hängen vom Machtverhältnis zwischen Kongress und Weissem Haus sowie von den Folgen für die Inflation und das Haushaltsdefizit ab. Der USD dürfte durch die Unsicherheit während des Wahlkampfs unterstützt werden.

    Der „Super Tuesday“, an dem viele US-Bundesstaaten ihre Präsidentschaftskandidaten küren, ist weniger spannend als sonst. Mit den diesjährigen Vorwahlen am 5. März steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es 2024 zu einer Neuauflage der Präsidentschaftswahl von 2020 kommt und sich dieselben Kandidaten gegenüberstehen werden. Eine solche Wiederholung ist selten der Fall. Wir analysieren die Auswirkungen der politischen Geschehnisse auf die US-Wirtschaft und die Märkte.

    Sollten sich bei der Wahl am 5. November wieder ein amtierender und ein ehemaliger Präsident gegenüberstehen, wäre dies für US-Wahlen eine Seltenheit. In der Vergangenheit war das bei vier Präsidentschaftswahlen der Fall. Aber nur einmal, 1892, wurde ein früherer Präsident für eine zweite Amtszeit gewählt, die nicht direkt an die erste Amtszeit anschloss. Eine zweite Trump-Regierung wird jedoch immer wahrscheinlicher. Nach den Vorwahlen der letzten Woche und dem „Super Tuesday“ diese Woche bleibt Donald Trump der einzige republikanische Kandidat. Die Wahrscheinlichkeit, dass eines der vier Strafverfahren gegen Trump vor der Wahl zu einer Verurteilung führt, sinkt. Der Supreme Court hat diese Woche entschieden, dass Trump für das Präsidentenamt kandidieren kann. Bei den Demokraten gibt es kein Rennen, um Präsident Joe Biden zu ersetzen. Aber wegen Zustimmungswerten von unter 40% und der Reaktionen innerhalb der Partei auf den Israel-Hamas-Konflikt sehen einige Biden als Bürde für die Wahl. Bei den Vorwahlen in Michigan letzte Woche entschied sich fast ein Sechstel der Demokraten für „uncommitted“ (neutral). Drei Fünftel der landesweiten Wählerinnen und Wähler haben den Meinungsforschern gesagt, beide Kandidaten seien zu alt. Am Wahltag dürften die unentschlossenen oder desillusionierten Wähler in den sechs Swing States Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin das Ergebnis bestimmen.

    Entscheidend für die US-Politik sind auch die Machtverhältnisse in der Legislative – dem Senat und dem Repräsentantenhaus. Bei einer Wiederwahl Bidens sehen wir eine hohe Wahrscheinlichkeit eines gespaltenen Kongresses, bei einer Wahl Trumps ist ein überwältigender Sieg der Republikaner möglich. Für eine Mehrheit im Repräsentantenhaus müssen die Demokraten fünf Sitze in der 435 Sitze umfassenden Kammer hinzugewinnen. Im Senat steht den Demokraten ein schwieriges Rennen bevor: Um ihre Mehrheit in der 100 Sitze umfassenden Kammer zu halten, dürfen sie keinen Sitz verlieren.

    Wer auch immer im Januar 2025 das Präsidentenamt antritt, wird mit der US-Fiskalklippe konfrontiert sein

    Eine weitere Fiskalklippe, Steuern und Zölle

    Wer auch immer im Januar 2025 das Präsidentenamt antritt: Das erste Thema, um das sich der Wahlsieger kümmern muss, ist die „US-Fiskalklippe“ bzw. das Haushaltsdefizit, das die Regierung regelmässig wegen der Schuldenobergrenze des Landes lähmt. Keine Seite des politischen Spektrums zeigt sich bereit, das Defizit zu beheben. Wenn die Demokraten die Präsidentschaft gewinnen, der Kongress aber gespalten bleibt, sind Verzögerungen und politische Spiele rund um eine Schuldenlösung vorprogrammiert, was bedeutsame Haushaltsentscheidungen erschwert. Doch wer auch immer Präsident ist, das Thema ist nicht neu. An der US-Verschuldung wird sich nichts Grundsätzliches ändern und folglich auch nicht am regelmässig drohenden technischen Zahlungsausfall. Die Debatte hat jedoch kurzfristige Auswirkungen auf das Kreditrating der USA sowie auf viele Steuergutschriften für saubere Energie, die zugehörige Produktion und Investitionen, die alle unter den Inflation Reduction Act (IRA) fallen. Hinzu kommen kurzfristige Auswirkungen auf das Budget für das Gesundheitswesen.

    Bis Ende 2025 bestehen weitere Fristen. Unter einer zweiten Biden-Regierung dürften Trumps Steuersenkungen für Unternehmen aus dem Jahr 2017 zumindest teilweise auslaufen, während eine Trump-Regierung sie verlängern und eine Senkung der individuellen Steuersätze anstreben dürfte. Eine Verlängerung der IRA-Steuergutschriften oder der unter Trump eingeführten Steuersenkungen würde die aktuellen Prognosen für die Schulden und das Defizit verschlechtern. Auch wenn dies zu Volatilität führen kann, halten wir einen Zahlungsausfall der USA für sehr unwahrscheinlich. Denn der Zinssatz für die US-Schulden dürfte weiterhin unter der Wachstumsrate der Wirtschaft liegen, und das Steuerniveau im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist das niedrigste unter den G7-Ländern.

    Im Rahmen der Trump-Kampagne wurden auch eine allgemeine Steuer von 10% auf Warenimporte und eine zusätzliche Steuer von 60% auf chinesische Importe ins Gespräch gebracht. Das birgt das Potenzial, den Welthandel weiter zu stören und die Wettbewerbsfähigkeit der USA zu untergraben. Die Aufmerksamkeit bezüglich Handelspolitik konzentriert sich mehrheitlich auf die Pläne von Trump. Zugleich besteht mit Blick auf den strategischen Wettbewerb mit China nahezu Einigkeit, und die Regierung Biden hat die vom Vorgänger eingeführten Zölle nicht abgeschafft.

    In der Aussenpolitik gehen die Meinungen über weitere Hilfen für die Ukraine weit auseinander. Die Aussicht auf eine zweite Trump-Regierung hat bei anderen NATO-Mitgliedern bereits Diskussionen über radikale Reformen zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben ausgelöst. Dies wegen des Ausblicks, dass die USA zu einem Isolationismus wie vor 1941 zurückkehren könnten.

    Die Einwanderungspolitik und die Auswirkungen auf die US-Wirtschaft bleiben ein parteiübergreifendes Thema. Trump hat angekündigt, die Einwanderung zu stoppen und illegale Einwanderer zu repatriieren. Die Gefahr für die US-Wirtschaft besteht darin, dass jede Verringerung des Arbeitskräfteangebots den ohnehin schon bestehenden Personalmangel auf dem Arbeitsmarkt verschärfen könnte. Dies bedeutet Aufwärtsdruck für die Inflation.

    Angesichts der Weiterentwicklung und Monetarisierung der KI scheint die US-Wahl weniger relevant

    Auswirkungen auf Anlageklassen und Sektoren

    Die anhaltende Outperformance des US-Markts bestätigt unsere Entscheidung vom Dezember 2023, das strategische Engagement in US-Anlagen zu erhöhen. Zwar ist in einem Wahljahr eine höhere Volatilität am Aktienmarkt möglich. Doch diese dürfte abklingen, und US-Aktien verdienen eine Kernposition in Portfolios. Wahljahre zeigen keine besondere Korrelation mit der Performance des Aktienmarkts, was tendenziell positiv ist. Doch oft ist vor einer Wahl eine Konsolidierung oder ein Anstieg der Risikoprämien zu beobachten und nach der Wahl eine Rally.

    Auf Sektorebene dürfte ein Sieg Bidens für die Energiepolitik den Status quo bedeuten. Ein Sieg Trumps hingegen könnte Kürzungen der geplanten Staatsausgaben mit sich bringen, was sich auf die Diversifizierung in Richtung alternativer Energien und Technologien auswirken würde. Alles in allem erwarten wir, dass eine zweite Trump-Regierung für traditionelle Energieunternehmen und Finanzdienstleister positiver wäre, wenn eine gewisse Deregulierung erfolgen würde. Der Gesundheitssektor schneidet tendenziell unter stabilen politischen Bedingungen besser ab. Möglicherweise wird ein anhaltender Regulierungsdruck zu beobachten sein – basierend auf einem breiten politischen Konsens, dass die Kosten im Gesundheitswesen weiter sinken sollten. Für den Technologiesektor scheint es eher unwesentlich zu sein, wer im Weissen Haus sitzt. Ein Bereich von Interesse und potenziellen Unterschieden ist die Regulierung. Es geht um kartellrechtliche Bedenken aufgrund der potenziellen transformativen Auswirkungen der künstlichen Intelligenz (KI). Angesichts der Weiterentwicklung und Monetarisierung der KI scheint die US-Wahl weniger relevant.

    Im Zusammenhang mit den Inflationsaussichten und der Fiskalpolitik wird in den Anleihenmärkten unweigerlich eine gewisse Volatilität eingepreist sein. Anleihen entwickeln sich in der Regel besser, wenn der Kongress und das Weisse Haus nicht von der gleichen Partei beherrscht werden, da dies ehrgeizige, schuldenfinanzierte Ausgaben tendenziell bremst. Die grösste Auswirkung hätte aus dieser Perspektive ein deutlicher Wahlsieg der Republikaner. Dieser könnte eine Ausdehnung der Zölle und Steuersenkungen und damit des US-Defizits zur Folge haben, was wiederum zu höheren Zinsen und einer steileren Renditekurve führen würde.

    Für den USD dürften das globale Wachstum und die US-Geldpolitik in der zweiten Hälfte 2024 eine grössere Rolle spielen als die Politik

    Die Devisenmärkte bieten nicht nur nahezu in Echtzeit einen Überblick über wahrscheinliche politische Veränderungen und deren Folgen, die Anlageklasse wäre auch direkt von Zöllen betroffen. Wir erwarten, dass der Dollar im Vorfeld der Wahl gestützt wird, da Unsicherheit aufkommt und die Märkte beginnen, sich gegen Risiken abzusichern. Im Falle eines republikanischen Wahlsiegs dürfte der Dollar aufwerten, wie es nach der Wahl 2016 der Fall war. Dieses Mal könnte das Potenzial für pauschale Einfuhrzölle von 10% den Dollar gegenüber den Währungen von Ländern stützen, die von der US-Nachfrage abhängig sind, darunter Mexiko, Kanada, die Schweiz, Taiwan und Thailand. Die Aussicht auf zusätzliche US-Importzölle könnte China veranlassen, den Yuan zu schwächen, um die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Exportmarkt aufrechtzuerhalten. Auf der anderen Seite ist der US-Dollar jetzt stärker überbewertet als 2016, und das globale Wachstum und die US-Geldpolitik dürften in der zweiten Hälfte 2024 eine grössere Rolle spielen als die Politik.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

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