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Werden die Aktienkurse fallen? Vier Charts zu den Erstquartalsgewinnen und darüber hinaus
Lombard Odier Private Bank
Haben die Aktienmärkte den Bezug zur wirtschaftlichen Realität verloren? Dieses Jahr haben Aktien trotz Bankenstress, steigender Zinsen und Rezessionsängsten deutliche Gewinne erzielt. Der MSCI World und der S&P 500 haben seit Jahresbeginn je 7% zugelegt, beim Stoxx Europe 600 und beim Nasdaq sind es 9% bzw. 13%. Das durchschnittliche Unternehmen im S&P 500 wird jetzt mit dem 18-fachen erwarteten Gewinn gehandelt, gegenüber dem 15-fachen Mitte Oktober 2022. Und während die Volatilität an den Anleihemärkten stark zugenommen hat, ist es an den Aktienmärkten erstaunlich ruhig geblieben (siehe Grafik 1). Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels notierte der Volatilitätsindex VIX auf einem Tiefstand, der zuletzt im November 2021 gemessen wurde.
Alles ruhig an der Aktienfront
Volatilität von Aktien, Anleihen und Währungen
Diese Entwicklung scheint sich nicht mit der Anlegermeinung zu decken. Die Fondsmanager-Umfrage der Bank of America im April zeugte von Pessimismus, der sich in der stärksten Untergewichtung von Aktien gegenüber Anleihen seit 2009 niederschlug. Die meisten Ökonomen rechnen immer noch mit einer Rezession in den nächsten zwölf Monaten, wie eine Umfrage des Wall Street Journal von Mitte April ergab. Doch die Marktzugewinne belegen, dass nach wie vor Aktien gekauft werden – warum?
Die Gründe für Optimismus sind vielfältig. Aktien schneiden in der Regel gut ab, wenn die Inflation einen Höhepunkt erreicht hat – und in den USA geht die Teuerung nun zurück. Zudem preisen die Märkte Zinssenkungen im zweiten Halbjahr 2023 ein; die vorherrschende Argumentation lautet, dass eine „Kreditklemme“ nach dem Stress im Bankensektor zusammen mit der Straffungspolitik der US-Notenbank Fed das Wachstum deutlich verlangsamen wird. Und seit Mitte März haben die Notfall-Liquiditätsmassnahmen der Notenbanken, insbesondere eine Ausweitung der Fed-Bilanz, die Märkte unterstützt.
Auch die Unternehmenswelt scheint erstaunlich widerstandsfähig. Vielen Firmen ist es bislang gelungen, Kostensteigerungen an die Verbraucher weiterzugeben. Trotz eines leichten Rückgangs in den letzten Monaten bleiben die Gewinnmargen im historischen Vergleich hoch (siehe Grafik 2). Der Anteil der US-Unternehmensgewinne am Bruttoinlandsprodukt (BIP) scheint besonders robust – 2021 (letzter Datenpunkt) war er so hoch wie seit den 1930er-Jahren nicht mehr (siehe Grafik 3). Die Aktienrückkäufe in den USA sind weiterhin bedeutend, und die Managementteams bringen in Gesprächen mit unseren Analysten zum Ausdruck, dass sie auf ihre Preissetzungsmacht vertrauen.
Leicht rückläufig
Nettogewinnmargen für S&P-500-Unternehmen
Ein ordentlicher Anteil
Anteil der US-Unternehmensgewinne am BIP*
Unseres Erachtens dürfte das künftige Wachstum für die Aktienmärkte entscheidend sein. Die Marktteilnehmer schieben den erwarteten Zeitpunkt für den Beginn einer Rezession in den USA immer weiter nach hinten. Der Arbeitsmarkt kühlt sich zwar ab, scheint aber nach wie vor solide. Die Haushalte verfügen weiterhin über ein Sparpolster aus der Pandemiezeit, das allerdings rasch schrumpft. Die Ausgaben der Unternehmen für die wichtigsten Investitionsgüter bleiben robust – unterstützt durch das Bestreben, die Netto-Null-Ziele zu erreichen. Die Zahlen der grossen US-Banken – die als Erste die Quartalsergebnisse vorgelegt haben – zeugen kaum von verbreiteten Problemen auf Verbraucherseite. Das Wachstum der Kreditkarten- und Debitkarten-Ausgaben liegt immer noch über dem Niveau der Inflation. Die Zahlungsverzögerungen bei Kreditkarten nehmen weiter zu, bleiben aber unter den Vorpandemie-Durchschnittswerten.
Einige Frühindikatoren für die Unternehmensaktivitäten und die Verbraucherausgaben deuten jedoch auf eine bevorstehende Schwäche hin – darunter die US-Einzelhandelsumsätze, Messgrössen für die Produktionstätigkeit und die Auftragseingänge der Unternehmen. Zugleich ist der Kampf gegen die Inflation noch lange nicht vorbei, sodass von der Fed Beharrlichkeit gefragt ist. Wir erwarten, dass die US-Notenbank die Zinsen im Mai und wahrscheinlich auch im Juni um weitere 25 Basispunkte anhebt und danach das Zinsniveau 2023 beibehält. Dies gilt, sofern keine unvorhergesehenen Marktbelastungen auftreten, die schnelle und umfangreiche Zinssenkungen erforderlich machen würden. Wir gehen daher davon aus, dass es Ende 2023 und Anfang 2024 in den USA zu rezessiven Phasen kommt, die sich auf die Unternehmensgewinne auswirken.
Im Einklang mit den sich verschlechternden Wachstumsaussichten haben die Analysten die Schätzungen für die Gewinne des ersten Quartals bereits nach unten korrigiert. Insgesamt erwarten sie nun, dass die Gewinne der S&P-500-Unternehmen im ersten Quartal um 6,8% zurückgehen, gegenüber zu Jahresbeginn antizipierten -0,3%. Sie rechnen aber weiterhin mit einer deutlichen Erholung im vierten Quartal 2023 und 2024 (siehe Grafik 4).
Für die zweite Jahreshälfte Rückkehr zu positivem Gewinnwachstum erwartet
Konsensschätzungen der Analysten für die Gewinne je Aktie (EPS) im S&P 500, in % ggü. Vorjahr
Wir halten dies für optimistisch. In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die S&P-500-Gewinne dieses Jahr um 5% sinken, während die Konsensschätzungen bei -1% liegen. Zudem erwarten wir, dass der Index Ende Jahr bei etwa 3’900 Punkten notiert, also rund 4% unter dem aktuellen Niveau.
Es gilt, die Zugewinne an den Aktienmärkten differenziert zu betrachten. Die jüngsten Zuwächse des S&P 500 wurden von einigen Mega-Cap-Aktien mit hoher Indexgewichtung angeführt, vor allem von Technologie- und defensiven Konsumunternehmen. Zugleich weiten sich die Renditedifferenzen (Spreads) aus, insbesondere bei risikobehafteteren Unternehmen.
In diesem Umfeld ist unsere Haltung gegenüber Aktien neutral. Anfang April setzten wir Put-Spread-Strategien auf den S&P 500 ein, um die Gewinne des laufenden Jahres teilweise abzusichern. In unserer Aktienallokation bevorzugen wir Qualitäts- und Substanzwerte sowie insbesondere defensive Unternehmen mit grosser Preissetzungsmacht in den Sektoren Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter.
Wichtige Hinweise.
Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende
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