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Kaffee als Vorbild: Die regenerative Landwirtschaft verspricht Kehrtwende für die Natur – Davos 2024
Das 54. Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums im schweizerischen Davos begann mit einer Warnung und einer Botschaft der Hoffnung. Am ersten Tag der Konferenz sprach der renommierte Klimaforscher Professor Johan Rockström auf einer von Lombard Odier organisierten Veranstaltung zu den Delegierten: „Wir sind dabei, das 1,5-Grad-Ziel [der Erderwärmung] zu durchbrechen. Wir werden es deutlich überschreiten.“ Dennoch könnten die Ziele des Pariser Abkommens „gerade noch erreicht werden“, fügte er hinzu. Die Lösung sei „die Natur“, so Rockström.
Führende Persönlichkeiten aus Finanzwesen, Wirtschaft und Politik kommen in dem abgeschiedenen Schweizer Skiort zusammen und diskutieren über das neue zentrale Thema „Natur“. Im Fokus des Forums stehen die Bemühungen zur Bewältigung zunehmender geopolitischer Spannungen sowie Sorgen über das Wirtschaftswachstum und die mögliche Bedrohung durch künstliche Intelligenz (KI). Zudem fordert das Forum zur Zusammenarbeit auf, um eine transparente, langfristige Strategie für Energie, Klima und Natur zu erarbeiten.
Trotz der Herausforderungen durch die starke Schädigung von Landschaften und den Biodiversitätsverlust sehen Wissenschaft und Politik die Natur nicht mehr nur als Problem, das es zu lösen gilt, sondern als Lösung. Diese Lösung könnte weitreichende positive Auswirkungen auf die Gesellschaft haben – von der Milderung der Klimakrise bis zur Schaffung von Wachstum, Arbeitsplätzen und einer neuen, nachhaltigen Wirtschaft.
Naturbasierte Sachwerte
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Hubert Keller, Senior Managing Partner von Lombard Odier. Im Rahmen der hochkarätigen Diskussion, an der einige der weltweit führenden Persönlichkeiten aus Finanzwesen und Wissenschaft teilnahmen, erklärte er: „Wir sollten die naturbasierten Sachwerte ebenso wertschätzen wie Immobilien. Wir sanieren und renovieren Immobilien. Die Frage lautet nun: Wie gelingt uns dies bei naturbasierten Sachwerten?“
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Viele Akteure der Finanzbranche fokussieren sich auf die freiwilligen Kohlenstoffmärkte, erklärte er. „Wir bei Lombard Odier sind jedoch vorsichtiger in Bezug auf die CO2-Märkte. Letztlich werden sich Grosskonzerne, die naturgemäss die Käufer von CO2-Gutschriften sind, auf reale Emissionsreduktionen vor Ort konzentrieren. Wir bezweifeln, dass wir mit freiwilligen Kohlenstoffmärkten die nötigen umfassenden Reduktionen erreichen können.“
Hubert Keller erklärte: „Wir konzentrieren uns stattdessen auf die regenerative Nahrungsmittelproduktion. Warum? Weil unsere Ernährungssysteme für 85% der Belastung der Natur verantwortlich sind. Daher werden wir das Wertpotenzial der naturbasierten Sachwerte erschliessen – durch die Entwicklung einer regenerativen Nahrungsmittelproduktion. Sie wird die Lebensdauer und Widerstandsfähigkeit dieser Sachwerte erhöhen. Sie wird die Kohlenstoffbindung steigern. Und sie wird naturverträgliche Rohstoffe in einer Zeit schaffen, in der die Welt die Umweltkosten der Produktion bepreist. Wirtschaftssysteme, die sich auf die regenerative Kraft der Natur stützen, können die heutigen Wirtschaftssysteme übertreffen.“
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Dem stimmte Professor Johan Rockström zu. Das Jahr 2023 erwies sich als „Jahr der Extreme“; neueste Forschungsergebnisse sind ein „ernstes Warnsignal“: Sie zeigen, dass sich der brasilianische Amazonas-Regenwald von einer lebenswichtigen Kohlenstoffsenke zu einer Kohlenstoffquelle gewandelt hat. Dazu merkte er an: „Regenerative Massnahmen werden der Natur helfen, auch weiterhin als Kohlenstoffsenke zu fungieren. Wir können mindestens 20 Gigatonnen Emissionen weltweit einsparen, wenn wir von extraktiven Wertschöpfungsketten wie der Landwirtschaft in Monokultur auf regenerative Wertschöpfungsketten umsteigen.“
Mit dem globalen Süden beginnen
Éliane Ubalijoro, CEO des Centre for International Forestry Research and World Agroforestry (CIFOR-ICRAF), griff die Bedeutung des Schutzes der weltweit noch vorhandenen Wälder auf. „Die Regenwälder sehen zwar üppig und grün aus, sind jedoch äusserst fragil“, erklärte sie. „Wir sprechen hier von einem umfassbaren Wertverlust.“
Agroforstwirtschaft ist eine regenerative Form der Landwirtschaft, die Agrarwirtschaft mit der Wiederherstellung und Bewirtschaftung von Wäldern kombiniert. Sie ist für den Schutz der Regenwälder unerlässlich, erläuterte sie. „Wir wissen, dass 65% der Böden in Afrika degradiert sind. Wie können wir unsere Wertschöpfungsketten als produktiv, nachhaltig und prosperierend bezeichnen, wenn unsere Böden zunehmend degradieren?“
Sie betonte, wie wichtig es sei, technologische Innovationen einzusetzen, um im Einklang mit naturbasierten Lösungen zu arbeiten: „Bei der Arbeit nutzen wir unser System zur Überwachung der Bodendegradation. So kombinieren wir Satellitendaten mit Fernerkundung. Dabei wird deutlich, dass wir Böden, die selbst mit Düngemitteln unproduktiv sind, durch den Einsatz regenerativer Landwirtschaft und Agroforstwirtschaft in produktive Böden mit hohem organischen Anteil verwandeln können. Diese fungieren als eine Art Schwamm, der das Wasser hält – sowohl bei grossen Regenmengen wie auch in Dürrephasen. Wir können die Kraft der Natur nutzen, um Böden wieder zum Leben zu erwecken, damit sie zur Triebkraft prosperierender Ernährungssysteme werden.“
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„75% der Menschen werden von Kleinbauern ernährt“, fuhr Éliane Ubalijoro fort. „Wir müssen die Finanzbranche und die mächtigen Akteure mit dem Wissen der Kleinbauern zusammenbringen. Dazu sind langfristiges Denken sowie eine langfristige Anlagestrategie notwendig.“
Dem stimmte Hubert Keller zu. „Beginnen müssen wir mit dem globalen Süden, denn dort ist die Klimakrise besonders kritisch“, erklärte er. Zum einen sind Kleinbauern in vielen tropischen Ländern am stärksten der Bedrohung durch die Erderwärmung ausgesetzt; zum anderen verfügen sie über das geringste Kapital, um sich an den Klimawandel anzupassen. „Hier kann auch am schnellsten der grösste Wert freigesetzt werden“, fügte er hinzu. Jedoch räumte er ein: „Eine regenerative Nahrungsmittelproduktion in grossem Massstab zu erreichen, hat aber ihren Preis.“ Die Frage ist seiner Ansicht nach, woher das Geld kommen soll.
Kapital umschichten
Morten Rossé, Head of Nature and Climate bei holistiQ Investment Partners, Lombard Odier Investment Managers, erläuterte: „Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Lösung des Klimaproblems zu 95% der Produktion vorgelagert ist, das heisst bei den Agrarbetrieben liegt. Doch nicht diese Betriebe erwirtschaften das Geld. Der Grossteil der Wertschöpfung wird nicht von den Agrarbetrieben erzielt, sondern von den Marken. Wie können wir also die nachgelagerten Investitionen in die vorgelagerten Bereiche umschichten?“
Als Beispiel nannte er die Kaffeeproduktion und stellte Sebastian Nielsen, CEO von Slow Forest Coffee, vor. Laut Sebastian Nielsen ist die Verkürzung der Wertschöpfungskette eine Möglichkeit, Kapital in die vorgelagerten Bereiche umzuschichten. „Wir bauen Kaffee an, verarbeiten und rösten ihn und verkaufen ihn dann an Unternehmen. In der Kaffeebranche ist das eher selten. Normalerweise wechselt Kaffee 15 bis 20 Mal den Besitzer. Stellen Sie sich den damit verbundenen Wertverlust vor. Stellen Sie sich den Verlust an Transparenz vor. Durch Ausschalten von Zwischenhändlern erzielten wir eine Wertschöpfung, die wir wieder an die Gemeinschaften und die Natur zurückgeben konnten.“
Um mehr Wert in vorgelagerten Bereichen zu schaffen, setzt sich Slow Forest auch für regenerative Landwirtschaft ein. Sebastian Nielsen erläuterte: „Wir beschaffen Kapital, um degradierte Betriebe mit geringer Produktivität zu kaufen. Wir pflanzen pro Hektar 350 Bäume und 20 verschiedene Baumarten, darunter auch Obstbäume und schnellwachsende Bäume. So erhalten wir eine ‘Baumdecke’, die ausreichend Schatten für den Kaffeeanbau bietet, und erreichen damit schnellstmöglich einen naturnahen Zustand. Dies fördert die Biodiversität und schafft Lebensraum für die Tierwelt. Das Ergebnis können Sie schmecken. Der Kaffee ist von besserer Qualität. Und er hat einen negativen CO2-Fussabdruck. So schaffen wir einen Markt, in dem wir über den Konsum Kapital beschaffen, Renditen erwirtschaften und mehr Land regenerieren können.“
Kaffee als Vorbild
Andrea Illy ist Präsident des italienischen Kaffeeriesen illycaffé sowie Mitgründer und Vorsitzender der Regenerative Society Foundation. Er verdeutlichte, warum Kaffee als Indikator für die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft gilt. Zudem erläuterte er, warum Kaffee bei der Transformation der Ernährungssysteme als Vorreiter gilt. „Bis 2050 werden 50% der heute für den Kaffeeanbau geeigneten Landfläche aufgrund des Klimawandels dafür ungeeignet sein“, erklärte er.
„In den beiden grössten Anbauregionen leben die meisten Kaffeebauern unterhalb der Armutsgrenze. Auf Millionen von Hektar arbeiten 12,5 Millionen Kaffeebauern, zumeist im globalen Süden. Wenn wir nichts für diese Kleinbauern tun, werden sie aus dem Geschäft verdrängt. Wir müssen hier Veränderungen anstossen, denn wir profitieren von ihrer Arbeit. Um den Markt zu schützen, müssen wir investieren. Wir müssen unsere Praktiken verbessern und widerstandsfähige Wertschöpfungsketten schaffen.“
Für Lombard Odier, so Morten Rossé, dient Kaffee als Vorbild für einen neuen, skalierbaren Weg für Investitionen in die Natur. „Wir trinken jeden Tag zwei Milliarden Tassen Kaffee. Die Wertschöpfungskette hat ein Volumen von über USD 200 Mrd. Anlegerinnen und Anleger könnten beispielsweise einfach in einen konventionellen Monokulturbetrieb in Indonesien oder Kolumbien investieren und eine Kapitalrendite von durchschnittlich 5% erzielen. Dabei bestehen jedoch auch Risiken aufgrund der Investition in Schwellenländer.“
„Wird jedoch Kaffee mit regenerativen Anbaumethoden produziert, können wir den zusätzlichen Nutzen für die CO2-Minderung messen. Und das Land wird wertvoller statt wertloser – wie dies bei Monokulturen häufig der Fall ist. Zudem können wir die Ernteerträge steigern und den Kaffee direkt an grosse Kaffeeeinkäufer oder Endmärkte verkaufen. Unserer Meinung nach können wir den Schwellenländerrisiken mit einer potenziellen Gesamtkapitalrendite von 20% begegnen.“
Die Strategie für Lombard Odier lautet: Schaffung naturbasierter Anlagewerte durch Investitionen in Kaffeeplantagen in Monokultur in Waldnähe sowie Wiederaufforstung dieser Wälder, um schattige Agroforstsysteme mit reicher Biodiversität zu schaffen. Wenn sich die Bodengesundheit verbessert und die Kohlenstoffbindung zunimmt, steigt im Laufe der Zeit auch der Bodenwert. Gleichzeitig kann von Firmenkunden, die sich zur Reduzierung der Umweltauswirkungen ihrer Geschäftsmodelle verpflichtet haben, ein Aufschlag für den produzierten Kaffee verlangt werden.
In den Schutz globaler Gemeinschaftsgüter investieren
Wir bei Lombard Odier sind der Ansicht, dass Kaffee nur der erste Schritt einer grundlegenden Neugestaltung unserer Beziehung zur Natur ist. Für unterschiedlichste Rohstoffe und Branchen – von Kaffee bis Kakao und von Bekleidung bis Kosmetik – bietet die regenerative Produktion Anlegern eine „Naturprämie“. Denn unsere heutige extraktive Wertschöpfungskette wird zu einer naturverträglichen regenerativen Wertschöpfungskette.
Für Johan Rockström ist dieser Übergang unerlässlich, um die „globalen Gemeinschaftsgüter“ zu schützen. „Wir müssen die Systeme regulieren, die niemandem gehören“, sagte er. „Wir müssen anerkennen, dass ‘Wendepunkte’ wie die Eisdecke und die Regenwälder globale Gemeinschaftsgüter sind, die wertgeschätzt und gemeinsam verwaltet werden müssen. Sie sind das globale öffentliche Gut, das für einen stabilen Planeten unerlässlich ist.“
„Angenommen, es gelingt uns, die globalen Emissionen zu reduzieren, indem wir extraktive Wertschöpfungsketten wie Landwirtschaft in Monokultur durch regenerative Wertschöpfungsketten ersetzen. Dann könnten wir einen Markt im Wert von USD 1 Bio. schaffen. Stellen Sie sich vor, welche Chancen dies für Anlegerinnen und Anleger bietet“, so seine abschliessenden Worte.
Wichtige Hinweise.
Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG oder einer Geschäftseinheit der Gruppe (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig wäre, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende Abgabe rechtswidrig wäre.
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