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Das ist E4S: das akademische Projekt, das den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft vorantreibt
Auf der Building Bridges-Konferenz 2022 in Genf gaben Lombard Odier und Enterprise for Society (E4S) eine einzigartige und mehrjährige Partnerschaft zur Förderung nachhaltiger Forschung bekannt, die sich insbesondere auf den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft konzentrieren wird. Jean-Pierre Danthine, Co-Geschäftsführer von E4S, sprach über den Tätigkeitsbereich von E4S und über die Bedeutung der neuen Partnerschaft.
Warum wurde E4S gegründet?
E4S entstand aus der Erkenntnis heraus, dass wir als Wissenschaftler nicht genug tun, um die Gesellschaft bei der Bewältigung ihrer Herausforderungen zu unterstützen. Die akademische Welt denkt grundsätzlich sehr langfristig, und unsere Arbeit ist in erster Linie darauf ausgerichtet, die Grenzen des Wissens zu erweitern. Wir haben jedoch erkannt, dass wir unsere Kompetenzen der Gesellschaft hier und jetzt besser zunutze machen können. Das ist unser eigentlicher Ansatzpunkt.
Unsere DNA liegt in den Wirtschaftshochschulen. Unserer Meinung nach sind die Herausforderungen für die Gesellschaft heute so gross, dass wir die Art und Weise, wie wir Führungskräfte für die Wirtschaft ausbilden, ändern müssen. Die wichtigsten Herausforderungen, die wir sehen, sind natürlich die planetarischen Belastbarkeitsgrenzen und die Widerstandsfähigkeit, die von grosser Bedeutung für die Natur und ihre Regeneration ist. Auch die Frage der Inklusion spielt eine wichtige Rolle, denn mangelnde Inklusion und zunehmende Ungleichheit können dazu führen, dass die Gesellschaft sehr schlechte Entscheidungen trifft.
Wir sind der Meinung, dass der Technologie bei der Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen eine wichtige Rolle zukommen wird. Aber Technologie ist nicht alles: Wir müssen auch auf Verhaltensänderungen setzen. Deshalb arbeiten wir von E4S mit drei Institutionen zusammen. Mit der ETH (Eidgenössische Technische Hochschule) verfügen wir über das technologische Fachwissen, während wir mit dem IMD (Internationales Institut für Managemententwicklung) und der HEC (Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Lausanne) unseren Blick auf den Wirtschaftsmotor und das Management der grossen Konzerne richten können. Dieses Denken muss zum Mainstream werden. Es darf nicht nur an der Peripherie stattfinden. Wir öffnen uns auch für alle Sozialwissenschaften, denn sie helfen uns, die verschiedenen Verhaltensweisen besser zu verstehen.
Gibt es neben der Technologie und der Rolle von Wirtschaft und Wissenschaft noch andere Hebel, die wir betätigen müssen, um die Wirtschaft nachhaltiger und regenerativer zu machen?
Wir bei E4S haben zwei Wege ausfindig gemacht, um die nächste Stufe zu erreichen und den Wandel voranzutreiben. Der erste: Start-ups auf ihrem Weg zu Nachhaltigkeit zu begleiten. Start-ups wollen überleben; und dies oft mit Mitteln, die nicht unbedingt nachhaltig sind. Sie befinden sich oft in einer sehr schwierigen Situation. Deshalb stellen wir uns der Herausforderung, Start-ups auf ihrem Weg zu Nachhaltigkeit zu begleiten.
Der zweite Weg, den wir für wichtig halten: kreativer werden, wenn es darum geht, Forschungsergebnisse in Massnahmen umzusetzen. Dabei denken wir zum Beispiel an die Kohlenstoffabscheidung. Und wir planen die Einrichtung eines Fonds für negative Emissionen, aus dem Aktivitäten zur Kohlenstoffbindung finanziert werden sollen. Wir meinen es wirklich ernst und wir wollen den ganzen Weg gehen. Das unterscheidet uns von herkömmlichen Forschungszentren.
Wie definieren Sie eine Kreislaufwirtschaft?
Unser Ausgangspunkt sind die planetarischen Belastbarkeitsgrenzen. Kann ich meinen Kindern sagen, dass mir diese egal sind? Die Antwort ist nein. Es gibt keinen moralischen, philosophischen oder wirtschaftlichen Standpunkt, nach dem die planetarischen Belastbarkeitsgrenzen irrelevant wären. Wenn wir unseren Kindern und Enkelkindern die gleichen Chancen geben wollen, wie wir sie vorgefunden haben, müssen wir die Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten respektieren. Das ist unser Ansatzpunkt.
Was unsere Arbeit zeigt, ist, dass wir, wenn wir von dieser Position ausgehen, die heutige lineare Wirtschaft zu einem Kreis biegen müssen. Wir müssen eine Kreislaufwirtschaft anstreben, weil wir die planetarischen Belastbarkeitsgrenzen respektieren müssen. Das ist kein nettes Extra, sondern ein absolutes Muss. Wir müssen also zusammenarbeiten, um dieses Wissen zu entwickeln und den Übergang voranzutreiben. Deshalb haben wir die Zusammenarbeit mit dem Team von Lombard Odier gestartet.
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Gemeinsam mit Lombard Odier beginnt für Sie ein grosses Forschungsprojekt zum Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft. Können Sie Ihre gemeinsame Arbeit beschreiben?
Die Vorteile der Kreislaufwirtschaft für die Umwelt liegen auf der Hand, aber es ist immer noch unklar, in welchen Sektoren der Übergang zuerst stattfinden und wie viel er kosten wird. Im Rahmen unseres gemeinsamen Projekts mit Lombard Odier wollen wir dieses Problem angehen. Dazu haben wir eine Methode zur Bewertung der zusätzlichen Kosten entwickelt, die durch Kreislaufwirtschaftsmodelle entstehen. Diese zusätzlichen Kosten bezeichnen wir als «circularity premium», also als Zirkularitätsaufschlag. Wir planen, diese Kosten über alle Wirtschaftssektoren hinweg zu analysieren, vor allem für die Schweiz und die Europäische Union. Dies wollen wir anhand eines «open source», also quelloffenen und nachfragegesteuerten Modells namens EU Calculator (EUCalc) tun. Mit diesem Rechner werden wir realistische Szenarien analysieren, in denen Unternehmen.
Kreislaufwirtschaftsmodelle verwenden, die die planetarischen Belastbarkeitsgrenzen respektieren. Dies wird es uns ermöglichen, die entsprechenden Veränderungen bei den Kohlenstoffemissionspfaden und ‑kosten abzuschätzen. Das endgültige Ziel dieser Analyse ist es, diese sektorspezifischen Pfade als Benchmarks für die Pfade einzelner Unternehmen zu verwenden.
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Es wird immer wieder argumentiert, dass die Kreislaufwirtschaft die Herstellungskosten senken wird. Sie prüfen die Frage, ob ein kreislauforientiertes Modell die Kosten in bestimmten Bereichen sogar erhöhen könnte. Warum ist es wichtig, dies zu berechnen, und was bedeutet das für den Übergang?
In den meisten Bereichen ist die Kreislaufwirtschaft heute mit höheren Kosten behaftet als die lineare Wirtschaft. Dafür gibt es zwei Gründe. Der erste ist, dass die Preise falsch sind. Oft lässt der Preis für die Gewinnung neuer Ressourcen die tatsächlichen ökologischen Kosten ausser Acht. Wenn die Preise also zu niedrig sind, haben die Unternehmen, die neue Ressourcen abbauen, einen Vorteil gegenüber jenen, die auf Recycling setzen. Also nochmals – der erste Grund ist, dass das Preissystem ein falsches Bild zeichnet.
Der zweite Grund ist, dass wir uns – seit der Industriellen Revolution – an diese linearen Wirtschaftsmodelle gewöhnt haben; mit diesen nutzen wir Grössenvorteile. Das Kreislaufmodell ist neu, es ist noch nicht entwickelt, also gibt es keine Grössenvorteile.
Wir müssen also erstens danach trachten, dass die Preise die wahren Kosten der Ressourcengewinnung widerspiegeln. Wenn uns das nicht gelingt, müssen wir auf Regulierung setzen. Zum Beispiel durch CO2-Steuern. Zweitens geht es um die Grössenvorteile. Hier braucht es wahrscheinlich Subventionierungen. Das alles muss auf globaler und systemischer Ebene durchdacht werden. Genau das ist das Ziel unseres gemeinsamen Forschungsprojekts mit Lombard Odier.
Sie bezeichnen die Landwirtschaft und die Ernährungssysteme als einen wichtigen Sektor, der sich verändern muss. Was tun Sie in diesem Bereich?
Wir glauben, dass die Darstellung der wahren Kosten von Lebensmitteln vom Erzeuger bis zum Verbraucher den Übergang zu nachhaltigeren, widerstandsfähigeren und inklusiveren Ernährungssystemen vorantreiben wird. Ein solches System würde nämlich die externen ökologischen, sozialen und gesundheitlichen Effekte sichtbar machen. Es gibt mehrere – und zwar wissenschaftliche und unternehmerische – Ansätze zu diesem Thema. Sie konzentrieren sich jedoch entweder auf die Emissionen oder den Abfall-Fussabdruck oder auf die sozialen, gesundheitlichen und ernährungsbezogenen Aspekte. Wir haben in der Schweiz ein Projekt zur Entwicklung eines echten Kostenrechnungsmodells für Lebensmittel ins Leben gerufen, das alle oben genannten Aspekte berücksichtigt. Unser Ziel ist es auch, Wechselwirkungen zu erkennen und Hebel im System zu identifizieren, die die Umsetzung dieses Modells erleichtern. Ein ganzheitlicher Ansatz ermöglichte die Produktion erschwinglicher und gesunder Lebensmittel – unter Einhaltung der planetarischen Belastbarkeitsgrenzen; das glauben wir.
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Glauben Sie, dass die Verbraucher der wichtigste Faktor für diesen Übergang sind?
Die Frage ist, wo die Verantwortung liegt – bei den Investoren, den Unternehmen, den Regierungen, den Verbrauchern oder beim Finanzsektor?
In Wahrheit liegt sie bei allen. Aber die Verbraucher sind sehr wichtig. Warum? Der Grund ist, dass in einer Wirtschaft alles, was nachgefragt wird, auch produziert wird. Ob legal oder illegal, ob schlecht oder gut, es wird produziert. Solange die Verbraucher also zum Beispiel fossile Brennstoffe nachfragen, werden fossile Brennstoffe produziert.
Aber die Verbraucher dürfen nicht alleingelassen werden. Es braucht die Regierung. Es braucht Regulierung. Wir bei E4S sind der Überzeugung, dass wir die Regierung in eine öffentlich-private Partnerschaft einbinden müssen, denn der private Sektor erkennt am besten, wann eine Regulierung zu kostspielig ist.
Auch den Unternehmen kommt eine entscheidende Rolle zu, da sie in vielerlei Hinsicht dazu beitragen, die Entscheidungen der Verbraucher zu beeinflussen.
Und was ist mit den Investorinnen und Investoren? Ich denke, dass die Finanzwelt und die Anlegenden die Unternehmen bei diesem Übergang begleiten müssen. Sie müssen sie zu Transparenz drängen, sodass sie die notwendigen Informationen über ihre Emissionen und ihren Kurs veröffentlichen. Und sie müssen die Unternehmen auch dazu drängen, dass sie ihre Strategie, Teil der Kreislaufwirtschaft zu werden, umsetzen. Diese Entwicklung wollen wir gemeinsam mit Lombard Odier vorantreiben.
Aus wirtschaftlicher Sicht leben wir in sehr schwierigen Zeiten. Glauben Sie, dass dies den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft behindern wird?
Es gibt zwei Herausforderungen. Einerseits ist es der finanzielle Druck, unter dem die Verbraucher stehen. Das ist ein negativer Faktor, das ist klar. Andererseits glaube ich, dass es ein Bewusstsein dafür gibt, dass sich die Dinge radikal ändern müssen. Wir sehen das bei den erneuerbaren Energien. In der Schweiz ist auch eine Änderung unseres Energieverbrauchs ein Thema.
Es gibt also diese beiden Faktoren. Ich vermute, dass es auf kurze Sicht schwierig sein wird, dass aber schon bald eine Wendung zum Positiven eintreten wird.
Sind Sie optimistisch?
Ich bin optimistisch, dass wir es schaffen können. Das Schwierigste ist die Frage, ob wir als Gesellschaft bereit sind, diesen Übergang zu bewältigen: Ob die Mehrheit der Bevölkerung das will. Manchmal bin ich pessimistisch, wenn ich sehe, wie schwierig es ist, Verhaltensweisen nachhaltig zu ändern. Aber wir können es schaffen. Davon bin ich überzeugt.
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